Carla Bley: Carla’s Christmas Carol | Alle Jahre wieder an Heiligabend. Der Braten ist angerichtet. Jetzt noch schnell den passenden Soundtrack rausfischen. Wer selbst nur schräg singt und schlecht intonierende Kinderchöre oder dick aufgetragenen Weihnachtsschwulst nicht erträgt, hat womöglich viel Freude mit dieser CD. Carla Bleys Carols spiegeln nämlich ein gebrochenes Verhältnis zum Fest wider. Dabei nimmt die altgediente Jazz-Komponistin die Klassiker jedoch nicht nur auseinander, sondern gewinnt mit feiner, bittersüßer Ironie und viel Augenzwinkern ein Stück echter weihnachtlicher Empfindungen zurück. Das Partyka-Bläser-Quintett verführt mal mit feierlichem Glanz, dann wiederum heben einzelne Musiker zu anspruchsvollen Soloritten an, zu denen Bleys Arrangements und Steve Swallows Bass den raffinierten Rahmen abgeben. Ein Ohrenschmaus gegen die alljährliche Rührseligkeit. Sehr originell, nicht nur zur Weihnachtszeit. rixCD, WATT WORKS / ECM


EWO2: In dieser Zeit. Avantipopolo 2 | Bernd Köhler, älteren Aktivisten besser als „Schlauch“ bekannt, kultiviert seit den frühen Siebzigern das Liedgut deutscher und internationaler Arbeiter- und Revolutionsbewegungen. Und das nicht im stillen Kämmerlein. Mit seinem 1999 gegründeten kleinen elektronischen Weltorchester ewo2 tourt der Musiker und Komponist eigener Widerstandslieder heute erst recht munter durch die Republik; zuletzt sorgten sie auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin für Erbauung. Ihr Repertoire wächst beständig, weshalb nun das – soeben prämierte – Nachfolge-Album vorliegt. Erstaunlich, wie zeitlos aktuell die Texte alter Arbeiterhits wie dem Solidaritätslied von Brecht / Eisler, dem Bet und Arbeit (1863) von Georg Herwegh, dem Heckerlied oder dem wundervoll gesungenen Bergarbeitersong Sixteen Tons von Merle Travis bis in unsere Gegenwart hineinwirken. Auch, weil ewo2 den Stücken inhaltlich und musikalisch mit Respekt begegnen, ohne ihre Strahlkraft durch allzuviel Pathos zu erdrücken. jmCD, JUMP UP/PLATTENBAU