Das Mädchen, das gehen wollte | Dieses Buch nimmt man nicht mit auf Wanderschaft. Denn diese Zeit gehört jedem Zufußgeher selbst, da bekommt er es mit sich zu tun und sollte sich darauf konzentrieren. Das jedenfalls hat das gehende "Mädchen" Barbara Schaefer vor einigen Jahren zu dieser Fußreise getrieben. Das Bedürfnis, einen Weg zwischen sich und die Trauer zu legen, und so wieder zu sich und zur geliebten Freundin zu finden, nachdem diese beim Bergsteigen in den Alpen tödlich verunglückt ist. Ein Weg aus der Trauer, indem man ihr entgegengeht. Und zwar weit. Die Reisejournalistin Schaefer will den Unglücksort, den Hohen Dachstein in Österreich konfrontieren und die näheren Umstände des Unglücks. Ein gepackter Rucksack, Wanderschuhe und ab vor die Tür in Kreuzberg. Eine jenseits der aktuellen Pilgerschwemme aus der Mode gekommene, verblüffende Art des Loslaufens, die man schon während der Lektüre sofort in die Tat umsetzen möchte.

Schaefer wandert gen Süden; sie reflektiert Gesehenes, Vergangenes, notiert, assoziiert und beschreibt. Sie durchläuft Brandenburg, beschreibt die Leere der Landschaft, erinnert sich: an die gemeinsamen Klettertouren der damals noch jungen Frauen, die ausgedehnten Skitouren, die Konkurrenzgefühle, die Einigkeit der beiden starken Persönlichkeiten trotz aller Unterschiede. Die Beobachtungen der belesenen und weit gereisten Journalistin bekommen immer mehr Gewicht, je länger sie läuft. Literarische Zitate vorangegangener Wanderer kommen ihr in den Sinn - und sie lässt durch Angabe der Quellen daran teilhaben. Der weiterlebenden Freundin geht es am Ende der 900-km-Wanderschaft besser. Sie kann schließlich Abschied nehmen und der betrauerten Freundin sagen: "Ich muss jetzt gehen." Jenny Mansch

Barbara Schaefer: Das Mädchen, das gehen wollte, Diana Verlag 2009, 272 Seiten, 16,95 €


Leichtes Gepäck | Es macht keinen Sinn, aber glücklich. Diesem Ansatz folgt Franz Lerchenmüller fröhlich. Trotz Blasenwurf, der Gefahr sich auf schlecht markierten Wegen zu verlaufen oder der Erschöpfung anheim zu fallen - für den Reisejournalisten sind das alles nur weitere gute Gründe zum Wandern. In Leichtes Gepäck hat er 42 Routen durch die ganze Welt zusammengestellt; sieben führen durch Deutschland. Da ist die "philosophische Tour", die den Rätseln von Fehmarn nachspürt. Ein Tagesmarsch, an deren Ende man einmal um die halbe Insel herumgekommen ist. Eine "Gipfeltour" ist mit "Blasen zum Butterbrot" überschrieben und führt über die Nagelfluhkette am Nordrand der Allgäuer Alpen. Eine spitzfelsige Schinderei, die den Wanderer bald von kühl-goldenem Bier als Belohnung phantasieren lässt, aber mit Wunderbarem aus Natur und Panorama entschädigt. Lerchenmüller weiß oft Originelles über Völker, Pflanzen, Architektur und Geschichte der Gebiete zu berichten, die er passiert. Er beschreibt mit der langjährigen Erfahrung eines weit Gelaufenen: den Kampf mit dem inneren Schweinehund ebenso wie die unterschiedlichen Motive von Wanderern. Der eine geht, um wegzukommen, der andere, um anzukommen. J. Mansch

F. Lerchenmüller: Leichtes gepäck, Delius Klasing 2008, 269 Seiten, 19,80 €