Ausgabe 12/2010
Gerechtigkeit ist kein Geschenk!
Für die Vermögenden in unserem Land ist unter der schwarz-gelben Bundesregierung das ganze Jahr lang Weihnachten: eine üppige Bescherung nach der anderen. Unverhohlen bedient Schwarz-Gelb all jene mit geldwerten Vorteilen, die ohnehin im Vorteil sind, und holt sich die Mittel dazu von den Schlechtergestellten. Unten belasten, oben entlasten - das ist die Leitlinie dieser Regierungskoalition.
In allen Teilen Deutschlands haben Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter in diesem Herbst gegen diese unsoziale, ja zutiefst ungerechte Politik protestiert. Landauf, landab gab es Betriebsversammlungen, sind Kolleginnen und Kollegen aus den Betrieben auf die Plätze gezogen, um ihren Unmut über die schwarz-gelbe Klientelpolitik zum Ausdruck zu bringen. "Gerecht geht anders!" hieß ihre gemeinsame Botschaft. Und die Proteste werden im neuen Jahr weitergehen - weil es so nicht weitergehen kann in diesem Land.
Mit der so genannten Gesundheitsreform hat Schwarz-Gelb den Abschied vom Solidarprinzip und der paritätischen Finanzierung im Gesundheitswesen eingeleitet. Alle Kostensteigerungen sollen künftig allein von den Versicherten getragen, die Beiträge der Arbeitgeber dagegen bei 7,3 Prozent eingefroren werden. Unabhängig von der Höhe ihres Einkommens können die Versicherten ab sofort mit Zusatzbeiträgen an die Krankenkassen belastet werden, der Busfahrer genauso wie die Abteilungsleiterin. Damit hat Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler, FDP, die Kopfpauschale schließlich doch noch auf den Weg gebracht - deren Grundprinzip es ist, dass alle das Gleiche zahlen, obwohl sie nicht alle das Gleiche bekommen.
Und wer es sich leisten kann, darf sich nunmehr auch als gesetzlich Versicherter für die Vorkassenregelung entscheiden. Das heißt, dass der Arzt höhere Sätze berechnen darf, als mit den gesetzlichen Krankenkassen vereinbart. Der Patient erhält eine Privatrechnung, die ihm aber nur zum Teil von der Kasse ersetzt wird. Dafür gibt es dann schneller den Termin beim Facharzt und womöglich auch eine Behandlung auf gehobenem Niveau. Eröffnet ist damit der Weg in die Mehr-Klassen-Medizin - am besten versorgt werden die Bessergestellten. Und nach dem gleichen Muster will Schwarz-Gelb in Bälde auch die Pflegeversicherung umbauen - unten weiter belasten, oben aber entlasten.
Die Befreiung der ohnehin bevorteilten Erben im Land von lästigen Steuerpflichten war eine der ersten Regierungshandlungen des schwarz-gelben Bündnisses. Gefolgt von Steuererleichterungen etwa für Hoteliers. Am teuersten bezahlt von der Mehrheit der Bevölkerung wird aber der hartnäckige Verzicht der Regierung auf die Besteuerung der Vermögenden im Land. Damit entgehen dem Staat Milliarden an Einnahmen, die für Investitionen in gute Bildungschancen oder auch die öffentliche Infrastruktur dringend gebraucht würden. Statt zügig umzusteuern, plant die Regierung im Gegenteil, künftig auch noch die Gewerbesteuer abzuschaffen - eine der wichtigsten Einnahmen der Kommunen. Der Druck auf sie steigt damit abermals.
Wagnis Familie
Derweil feiert die schwarz-gelbe Bundesregierung den wirtschaftlichen Aufschwung und lobt sich dafür in großformatigen Zeitungsanzeigen. Auch schmückt sie sich seit Monaten gerne mit rückläufigen Arbeitslosenzahlen. Wer würde sich nicht darüber freuen? Doch abgesehen von den Tricks zur Beschönigung des Zahlenwerks - die meisten, tatsächlich neu entstandenen Arbeitsplätze gehören in die Rubrik unsichere Beschäftigung, sind Leiharbeit, Teilzeit, befristete Arbeit. Und das trifft längst auch eine große Zahl von jungen Menschen. Sie werden nach der Ausbildung nicht oder nur befristet übernommen, landen gleich in der Leiharbeit oder hangeln sich von einem befristeten Arbeitsverhältnis zum nächsten. Zukunftsplanung oder Familiengründung werden da zu einem echten Wagnis.
Unbeirrt hält die Bundesregierung zugleich an der Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahre fest - wohl wissend, dass die Arbeitslosigkeit der Menschen über 60 Jahren stetig steigt, und wohl wissend, dass die Beschäftigten in zahlreichen Berufsgruppen wegen der hohen Belastungen nicht in der Lage sind, es überhaupt bis zum 65. Lebensjahr zu schaffen. Die Rente mit 67 ist nichts anderes als ein gigantisches Renten-kürzungsprogramm. Ein Kürzungsprogramm für Menschen, die Jahrzehnte ihre Beiträge gezahlt und tagaus, tagein im Beruf gestanden haben. Gerecht geht anders. Ganz anders.