Überzogen und doch gerecht

SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, 4. FEBRUAR 2011Die Forderung der Gewerkschaften ist völlig überzogen. Sagen die Arbeitgeber. Nein, sie ist gerecht und richtig. Sagen die Gewerkschafter. Und wer hat Recht? Beide.


Zu Tode reformiert

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, 1. FEBRUAR 2011In der Tarifwelt ist einiges ins Wanken geraten. Schuld daran ist nicht nur die Politik. Seit es die SPD geschafft hat, in den Verhandlungen über die Hartz-IV-Sätze den Nebenschauplatz Mindestlohn zu eröffnen, kreisen Arbeitgeber, Gewerkschaften und Politiker aller Parteien um das Thema. Sie beäugen sich, taktieren und hoffen, dass ein anderer zuerst die Nerven verliert. [...] Die Arbeitgeber, die sich sonst jegliche Einmischungen in ihr Tarifkartell mit den Gewerkschaften verbitten, betteln [...] um einen Mindestlohn für die Zeitarbeit, weil sich bald die Grenzen für osteuropäische Arbeitnehmer öffnen. Die Gewerkschaften wittern ihre Chance und verlangen zusätzlich, dass Zeitarbeiter genauso bezahlt werden wie Stammbeschäftigte, am liebsten vom ersten Tag an. Und ausgerechnet die FDP, die Mindestlöhne früher nicht einmal mit der Kneifzange angefasst hätte, plädiert für eine Kombination aus Lohnuntergrenze und gleicher Bezahlung. Kurz: Es besteht die Gefahr, dass die Zeitarbeit zu Tode reformiert wird...


Organisiert euch!

DIE ZEIT, 27. JANUAR 2011Die Arbeitnehmerlobby wird [...] gebraucht. Auch im Aufschwung. Der wird keineswegs von selbst dafür sorgen, dass alle Missstände am Arbeitsmarkt verschwinden oder überall die Löhne steigen. Die Löhne sind kein Ergebnis allein von Marktprozessen, auch das Machtgefälle zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern spielt eine Rolle. Gewerkschaften können ein wichtiges Korrektiv sein. Sie haben zur Bewältigung der Krise beigetragen, und könnten jetzt dabei helfen, dass der Aufschwung bei möglichst vielen ankommt. Um nicht weiter an Bedeutung zu verlieren, müssen die Arbeitnehmerfunktionäre sich aber konsequenter darauf ausrichten, Mitglieder zu gewinnen und zu halten. Das gelingt aber nur, wenn sie sich noch stärker um die konkreten Probleme in den Betrieben kümmern, um die Sorgen von Leiharbeitern, Auszubildenden oder unfair bezahlten Frauen.