Ausgabe 05/2011
Pressestimmen
Der europäische Patient
MÄRKISCHE ODERZEITUNG, 5. MAI 2011 "Wenn nicht bald gehandelt wird, stirbt der europäische Patient!" Mit dieser und anderen - in gewohnter Gewerkschaftsmanier dramatischen - Äußerungen machte sich der Chef der deutschen Gewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, kürzlich einmal richtig Luft über die ihm zufolge desolaten Zustände für Arbeitnehmer in der Europäischen Union. Sein Publikum waren Viadrina-Studenten des Seminars "Makroökonomie" [...] Bsirske wollte die Studenten mit seinem Vortrag weniger von seiner Meinung überzeugen, als ihnen vielmehr etwas mit auf den Weg geben: Offen zu sein für Auseinandersetzungen mit anderen Positionen. Frank Bsirske: "Ich setze darauf, dass viele Studenten ein hohes Maß an sozialer Verantwortung haben. Und damit das so bleibt oder sogar gefördert wird, möchte ich gern meinen Beitrag leisten."
Die notorischen Schwarzmaler
FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, 2. MAI 2011Eigentlich ist der Aufschwung eine gute Zeit für Gewerkschaften. In Tarifverhandlungen können sie höhere Löhne durchsetzen, ohne Massenentlassungen fließen die Mitgliedsbeiträge störungsfrei, und sogar neue Mitglieder lassen sich anwerben, weil die Betriebe Stellen schaffen. Dennoch kann man den Eindruck gewinnen, als hätten die deutschen Gewerkschaften ausgerechnet in diesem "XL-Aufschwung", von dem der Bundeswirtschaftsminister so gerne spricht, ihren Platz noch nicht gefunden. [...] Trotzig zeichnen sie ein düsteres Bild des deutschen Arbeitsmarktes. Niedriglöhne, befristete Stellen, Zeitarbeit - aus Sicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes haben die Arbeitnehmer hierzulande wenig zu lachen. Dass andere Staaten neiderfüllt auf die deutschen Arbeitsmarktstatistiken blicken, ficht sie nicht an.
Das Imageproblem
DER TAGESSPIEGEL, 1. MAI 2011 Kaputt sind sie nicht, aber angeschlagen. Das Kerngeschäft der Gewerkschaften, die Organisation von Solidarität, ist unter dem ausgeprägten Individualismus der Gesellschaft immer schwieriger geworden. Mit der Krise hat sich das geändert. Weil die Gewerkschaften geholfen haben bei der Krisenbewältigung, und weil die Ursachen der Krise im regulierungsfreien Turbokapitalismus liegen. Das wirtschaftspolitische Mantra der Jahre nach dem Ende des Kommunismus - Liberalisieren, Deregulieren, Privatisieren - ist Geschichte. Doch das gewerkschaftliche Motto dieser Tage, "Gute Arbeit, gutes Leben", ist noch weit entfernt von der Umsetzung in einem Land mit mehr als sieben Millionen Minijobbern. Denen geht es nicht gleich besser, wenn sie alle Mitglied bei Verdi oder der IG Metall werden.