Der letzte Hardliner

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. September 2011

... dieses Mal stimmten 94,7 Prozent der Delegierten für den 59 Jahre alten Gewerkschafter, der einst Personaldezernent in Hannover war, bevor er in der Verdi-Vorgängergewerkschaft ÖTV aufstieg. Doch dieses sozialistische Traumergebnis dürfte kaum jemanden bei Verdi zu der irrigen Annahme verleiten, alles sei in bester Ordnung - am allerwenigsten Bsirske selbst. Zehn Jahre nach der Gründung der [...] Mega-Organisation sind zwar einige Klippen der Gründungsjahre umschifft. Doch noch immer steht Verdi vor gewaltigen Herausforderungen. Der Mitgliederschwund wurde nur gebremst, nicht gestoppt. Das Ende der Tarifeinheit erleichtert den Aufstieg von schlagkräftigen, kleinen Berufsorganisationen und schwächt den großen Tanker Verdi, der Mühe hat, die Interessen von Sachbearbeitern im Einwohnermeldeamt mit denen von Müllmännern, Busfahrern, Krankenschwestern und Schauspielern unter einen Hut zu bekommen.


Entweder oder

Süddeutsche Zeitung, 15. September 2011

"Es herrscht die Gewalt des Eigentums. Damit müssen sich die Menschen entweder abfinden - oder sich wehren."

Frank Bsirske, ver.di-Vorsitzender


Wir sind wieder wer

Die Welt, 17. September 2011

Es gibt eine Karikatur, die kann Verdi-Chef Frank Bsirske nicht vergessen. Zwei Kinder sitzen im Sandkasten. Eines heult hemmungslos und zeigt auf das andere: "Der hat Gewerkschafter zu mir gesagt". Die Karikatur stammt aus dem Jahr 2005. Damals, so erinnert sich Bsirske, hatten es die Gewerkschaften in der Hochphase der Agenda 2010 besonders schwer. Sie galten als Reformbremser auf verlorenem Posten. Heute ist das anders. Drei Viertel der Bundesbürger halten Gewerkschaften für wichtige und unverzichtbare Institutionen, zitiert Bsirske eine Allensbach-Studie. Stolz schwingt da mit und ein trotziges "Wir sind wieder wer".


Hinter vorgehaltener Hand

Handelsblatt, 16. September 2011

Bsirske - mal Hassfigur für Manager, mal Reformer und Respektsperson. Seine Rolle als Chef einer streitlustigen und politisch weit links positionierten Organisation hatte ihn zeitweilig regelrecht zur Hassfigur für Wirtschaftsführer gemacht. Umso bemerkenswerter ist, dass hohe Arbeitgeberfunktionäre mittlerweile hinter vorgehaltener Hand sogar Respekt vor Bsirskes Arbeit äußern.


Nicht verwunderlich

Frankfurter Rundschau, 17. September 2011

Die Fusion zu ver.di hat also die Konkurrenz zu einer Gewerkschaft beendet - und gleichzeitig das Entstehen neuer Konkurrenz befördert. Gut möglich, dass künftig weitere Berufsgewerkschaften die tarifpolitische Bühne betreten. Feuerwehrleute haben bereits eine neue Gewerkschaft gegründet, das gleiche gilt für Versicherungsangestellte. Auch Pflegerinnen und Pfleger überlegen, sich von Verdi loszusagen. Verwunderlich sind die Neu-Gründungen nicht. Mehr als 70 Prozent der Arbeitnehmer sind im Dienstleistungssektor tätig. Dass eine Gewerkschaft fast alle diese Beschäftigten gut vertreten kann, ist schwer vorstellbar.


Verwässert

Junge Welt, 26. September 2011

Große Kontroversen und Eklats sind beim [...] ver.di-Bundeskongreß weitgehend ausgeblieben. Linke Anträge lösten zwar teilweise lebhafte Debatten aus, wurden jedoch zumeist verwässert oder abgelehnt. Neben den Themen Mindestlohn und Vergesellschaftung der Schlüsselbranchen [...] ging es dabei beispielsweise um das Recht auf politischen Streik und die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung.