Ausgabe 02/2012
Schlecker
Für Euch vor Ort
von Petra Welzel
"Ich tue mich schwer bei über 11.000 betroffenen Menschen in Euphorie zu verfallen. Aber es gibt keine Alternative, um die Firma zu retten." So äußerte sich Ende Februar Arndt Geiwitz, der seit Anfang des Jahres die Insolvenz der Drogeriekette Schlecker verwaltet. Aber nicht nur die Schlecker-Beschäftigten, zu mehr als 90 Prozent Frauen, fragen sich, warum es keine Alternativen geben soll. Denn in der Vergangenheit hat es durchaus Lösungen gegeben, Arbeitsplätze im fünfstelligen Bereich zu retten.
Zum Beispiel die Philipp Holzmann AG, einst Deutschlands größter, in der ganzen Welt agierender Baukonzern. Nach 1999, als Holzmann den Insolvenzantrag stellte, pumpten Staat und Banken insgesamt 2,2 Milliarden Euro in die Rettung des Unternehmens. Wie bei Schlecker waren krasse Managementfehler ausschlaggebend für die Fehlentwicklungen, die schließlich in die Pleite führten. Viele Stellen gingen bereits durch eine weltweite Krise in der Bauwirtschaft verloren. Dennoch wurden von den zuletzt rund 10.000 Arbeitsplätzen mehr als 7000 gerettet.
Bei Holzmann ging es um Arbeitsplätze von Männern, die eine Familie zu ernähren hatten. So argumentierte jedenfalls Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder, SPD, wenn er sich für die Holzmänner ins Zeug legte. Niemand fragt jedoch ernsthaft danach, wie viele Frauen, die bei Schlecker arbeiten, mit ihrem Einkommen eine Familie ernähren. Es sind sehr viele. Es sind viele Alleinerziehende, aber auch viele Frauen, die einen arbeitslosen Mann zuhause haben. Das Bild vom Familienernährer - es stimmt schon lange nicht mehr.
Überdies würden mit den Schlecker-Jobs tarifgebundene Arbeitsplätze verschwinden. Man entlässt die Frauen in einen Arbeitsmarkt, der nur noch bei Niedriglohnjobs zulegt. Jede/r Vierte hat nach einer gerade veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen bereits einen unterirdisch schlecht bezahlten Arbeitsplatz. Nicht zuletzt deshalb geben die Schlecker-Frauen und ver.di nicht auf und streiten für jede Stelle - auch wenn mittlerweile die ersten Streichlisten vorliegen.