Wenn ich einmal arm wär'

Der Spiegel, also nicht Frau im Spiegel, titelte unlängst: „Deutschland, Deine Reichen. Wer sind sie – und warum so viele?“ Eine ganze Serie widmet das Hamburger Heft, das aus der Stadt mit der höchsten Millionärsdichte in diesem Land kommt, in den kommenden Wochen dieser Spezies. Aber wer will die noch kennenlernen? Die 80.000 Deutschen, die 25 Prozent des deutschen Vermögens besitzen? Oder gar die acht Millionen, die 61 Prozent allen Reichtums auf sich vereinen? Seit spätestens zwei Jahren wissen wir doch – und seit ein paar Wochen noch etwas genauer –, wie die zu ihrem Geld kommen. Die einen wulffen sich durch den schnöden Mammon nach oben, die anderen personifizieren ihn qua Geburt. Und der Sündenpfuhl entspringt in Sodom und Hannorrha an der Leine. Ein paar Gute gibt es in dem Spiel natürlich auch, damit das Ganze nicht sintflutartig den Bach hinuntergeht.

Aber aufgepasst: Die Reichen, so eine amerikanische Studie, betrügen eher als schlechter Betuchte. Das gehöre zum Roulette ums Geld dazu. Wie die eingebaute Vorfahrt im Straßenverkehr, was hierzulande seit Existenz der Autos mit dem Stern eine Binsenweisheit ist. Wenn ich einmal reich wär’ – ja, was dann kommt, das ist so offensichtlich wie unwahrscheinlich dieser Tage. Sehr viel wahrscheinlicher ist die Variante „Wenn ich einmal arm wär’“. Denn die Armen werden tatsächlich immer mehr. Weil sie unter Wert bezahlt werden oder gar keine Arbeit mehr haben. Dann müssen auch sie tricksen. Um über die Runden zu kommen. So wie ein Leipziger Obdachloser, der neulich im Gewandhaus auf unerklärliche Art drei Freikarten erhielt, um dann nur eine meist bietend zu verkaufen. Die anderen beiden schenkte er einer Mutter mit Kind, die enttäuscht vor ausverkaufter Abendkasse stand. Deutschland, Deine Armen. So sind sie – und es sind viele. Petra Welzel