In den Sommermonaten beginnt mein Arbeitstag an der Spandauer Schleuse früh um Viertel vor sechs. Vor Betriebsbeginn müssen alle Türen auf dem Gelände aufgeschlossen, die Computer für die Steuerung von Schleuse und Wehr hochgefahren und die Betriebssicherheit der Anlage überprüft sein. Ich schalte die Kameraanlage dazu, auf deren Monitoren ich die Havel ober- und unterhalb der Schleuse sehe, und rufe dann die aktuellen Wasserstände ab, um entscheiden zu können, ob unser Pegel dem vorgegebenen Stauziel entspricht. Hat es geregnet und die Havel führt viel Wasser, könnten die Durchfahrtshöhen für die Schiffe zu niedrig sein. Ist es sehr trocken, reicht die Fahrrinne für einige Schiffe eventuell nicht aus. Entsprechend muss ich das Schleusenwehr stellen.

Streng nach der Verkehrsordnung

Um sechs Uhr beginnt der Schleusenbetrieb. Die Berufsschiffer melden über Funk, in welcher Richtung sie die Schleuse passieren möchten. Sportboote benutzen die Wechselsprechanlage an unseren Wartestellen. Je nachdem, ob es flussauf- oder flussabwärts gehen soll, lasse ich per Mausklick Wasser in die Kammer hinein oder heraus. Pumpen gibt es bei uns nicht; das System ähnelt dem der Badewanne: Stöpsel drin - das Wasser staut sich, Stöpsel gezogen - das Wasser entweicht. Ist alles zur Schleusung bereit, gebe ich grünes Licht und achte darauf, dass sich alle Bootsführer/innen an die Verkehrsordnung halten. Sportboote müssen der Berufsschifffahrt Vorfahrt gewähren. Anschließend halte ich für die Statistiker fest, welche Art von Boot ich wann in welche Richtung geschleust habe. Wie viele Schiffe auf Schleusung warten, hängt von der Jahreszeit, vom Wochentag und für die Freizeit- und Fahrgastschiffe natürlich auch vom Wetter ab.

Heute ist Montag, da werden viele Güterschiffe noch beladen und kommen dann erst zu uns. Vormittags ist es deshalb hier immer eher ruhig. Nachmittags gegen zwei übergebe ich die Schleuse an meine Ablösung, die Nachmittagschicht.

Mein Arbeitsplatz ist nicht schlecht, technisch auf hohem Stand - und warm und trocken ist es außerdem. Vom Steuerturm aus kann ich überblicken, was in der Schleuse und um sie herum passiert. Allerdings bin ich für alles allein verantwortlich. Früher war ich mit zwei Kollegen bei Wind und Wetter draußen und habe direkt mit den Besatzungen Kontakt gehabt. Heute ist von drei Arbeitsplätzen nur einer übrig. Als positiv empfinde ich das Ergebnis der Tarifrunde im öffentlichen Dienst - offensichtlich haben die Warnstreiks etwas bewirkt. Wichtiger als jeder Cent ist mir die Übernahme der Auszubildenden. In der nächsten Tarifrunde sollte ver.di auch die befristeten Arbeitsverträge angehen, damit die Betroffenen eine Perspektive haben.

PROTOKOLL: Geraldine van Gogswaardt