Mein Arbeitsplatz besteht aus einem Holztisch und einer kleinen Holzhütte als Ladengeschäft. Im Sommer wie im Winter bin ich an der frischen Luft und das auch noch an einem historischen Ort, direkt vor der Auffahrt zur Villa San Martino auf der Insel Elba. Das war Napoleons Landsitz, knapp sechs Kilometer von Portoferraio entfernt. Jeden Morgen um kurz vor neun, also bevor die Villa Napoleons und das Museum öffnen, bin ich hier, schließe meinen Stand auf, baue meine Bücher und die Handarbeiten auf, gieße die Pflanzen um mich herum und warte auf die ersten Touristen. Von der Villa dort oben hat man einen herrlichen Ausblick auf die Insel. Hier unten verkaufe ich jeden Tag bis 19 Uhr meine Bücher und Handarbeiten.

Kuchen aus Pinienkernen

Ich bin jetzt 74 und habe sechs Enkelkinder. Bis 1983 hatte ich ein auf der Insel sehr bekanntes Restaurant in Rio Marina, das mir aber ein Unwetter weggerissen hat. Irgendwann in den 90ern sprach mich eine Apothekerin aus Portoferraio an und fragte, ob ich für mein berühmtes Essen nicht auch Rezepte veröffentlichen wolle. Doch dafür war ich viel zu arm. Mit Geld konnte sie mir auch nicht helfen, aber sie hat meine Rezepte auf Diskette geschrieben und einem Verlag gezeigt. Der Text ging in die Druckerei und schon die erste Auflage auf Italienisch wurde ein Selbstläufer, sodass ich Übersetzungen ins Deutsche und Spanische in Auftrag geben konnte. Das hat ein Übersetzer von der Insel erledigt; inzwischen ist er leider gestorben.

Mein erstes Buch hatte 120, das zweite 190 und die jetzige Ausgabe hat 300 Rezepte. Das wars dann auch, es ist mein letztes. Übrigens sind die Bücher in demselben Grün gehalten wie die Vorhänge von Napoleons Haus. Wegen der Wirtschaftskrise verkaufe ich zurzeit weniger als noch vor einigen Jahren. Da spüre auch ich die Sparmaßnahmen der Regierung. Erst vor einigen Wochen hat man in Pisa die jährliche Lizenzgebühr für meinen Standort auf 600 Euro hochgesetzt, da muss ich mich ganz schön ranhalten.

Das Kochen habe ich von meiner Mutter gelernt. Sie war Bäuerin und kochte immer auch die Tagliatelle für die Arbeiter auf dem Feld. Wenn alle um den Tisch saßen und zum Schluss dann den Kuchen aus Pinienkernen gegessen haben, das war immer ein großes Fest. So hat sich ihre Leidenschaft fürs Kochen auf mich übertragen.

Ab und zu lerne ich hier sogar berühmte Menschen kennen. Das Model Naomi Campbell hat eine meiner bestickten Stofftaschen gekauft, Mick Jagger und die Königin von Jordanien besitzen je ein Exemplar meines Kochbuchs. Wer kann das schon von sich behaupten? www.hotelilio.de

PROTOKOLL: Jenny Mansch