Asaf Avidan: Different Pulses | Verzögerte Erfolgsgeschichten wie die von Asaf Avidan werden im globalen Dorf von heute eigentlich nicht mehr geschrieben. Der 32-Jährige ist zwar schon lange ein Star in seiner Heimat Israel, aber im Rest der Welt erscheinen seine Alben erst mit gehöriger Verspätung und brauchen weitere Jahre, um dort auch gehört zu werden. Schließlich erklimmt Avidan im vergangenen Sommer mit dem Dance-Remix eines uralten Songs sogar die Spitze der Charts. Der Erfolg kommt langsam, aber zwangsläufig: Denn seine Stimme, die mit großer Leichtigkeit zwischen Falsett und tiefem Bass wechselt, erinnert zwar an die legendäre Janis Joplin, ist aber so einzigartig, einprägsam und eindringlich, dass sie nahezu jeden Hörer in ihren Bann zieht. Auf seinem neuen Album setzt Avidan dieses erstaunliche Organ sehr viel vorsichtiger ein und verzichtet weitgehend auf Vokalakrobatik. Das aber passt hervorragend zur sehr viel weniger rockigen Musik, die nun vornehmlich auf sanfte Balladen setzt. Thomas Winkler

CD, Universal


Tocotronic: Wie wir leben wollen | So fröhlich ist selten jemand ins Grab gestiegen. „Hey Hey, ich bin jetzt alt, bald bin ich kalt“, singt Dirk von Lowtzow zum Einstieg, „im Keller wartet schon / der Lohn“. Das neue Album seiner Band Tocotronic, beinahe die letzten Überlebenden der Hamburger Schule, trägt nicht nur einen programmatischen Titel, sondern beschäftigt sich systematisch mit Themen, die von der Popmusik gewöhnlich ignoriert werden: das Älterwerden, der Tod, das eigene Vergehen. Und nicht zuletzt wie man lernt, damit umzugehen, um weiterleben zu können. Das erfolgt in schlauen, poetisch verschlüsselten und eleganten Reimen, wie man sie von Tocotronic kennt. Sehr verändert hat sich die musikalische Umsetzung; hier erklimmt die ehemalige Gitarrenschrammelband neue Höhen aus sanften Melodien, reichen Arrangements und wundervollen Harmonien. Thomas Winkler

CD, Vertigo Berlin/ Universal


Yasmin Levy: Libertad | Yasmin Levy singt auf Ladino, der Sprache der sephardischen Juden im mittelalterlichen Spanien. Das klingt wie ein altes, mit hebräischen Worten durchsetztes Spanisch. Für die israelische Sängerin bedeutet dieses Erbe jedoch weniger die Rückbesinnung auf die eigenen Wurzeln als viel mehr die Aufforderung, das einstige kulturelle und religiöse Miteinander auf zeitgemäße Art wiederzubeleben. So hört man in Levys Musik neben westlichen Instrumenten wie der Flamenco-Gitarre, Piano und Bass auch arabische wie die Laute Oud und Rahmentrommeln. Auf ihrer neuesten CD Libertad setzen Streicher eines türkischen Orchesters weitere orientalische Akzente. Im Zentrum aber steht Yasmin Levy, die mit ihrer betörenden Stimme auf dem besten Weg ist, zu den neuen Divas der Weltmusik gerechnet zu werden. Levy hat einen ausgeprägten Sinn für Dramatik. Ihre Songs bergen die Hoffnung auf ein friedliches Miteinander von Menschen, die sich heute noch verfeindet gegenüberstehen. Eine Message verpackt in einen Sound, der direkt ins Herz trifft! Peter Rixen

CD, World Village/Nuzzcom