Pressestimme

Hamburger Abendblatt, 19. Januar 2013

Das Muster ist bekannt: Im Schienen- wie im Luftverkehr können schon wenige Beschäftigte durch einen Streik enorme Wirkung erzielen. Die Arbeitsniederlegung des Sicherheitspersonals am Hamburger Flughafen hat das erneut bewiesen. [...] Der Termin wurde nicht vorher angekündigt, der Freitag ist regelmäßig ein verkehrsstarker Tag. Tausende Passagiere haben ihre Zielorte nicht rechtzeitig erreicht - und die Wut richtet sich auf die Streikenden sowie ihre Gewerkschaft Ver.di. Zwar mag die Forderung nach einer Tarifanhebung von 22 Prozent überzogen wirken. Es lässt sich aber nicht übersehen, dass in diesem Fall nicht etwa eine kleine Gruppe von Privilegierten ihre Macht ausnutzt. Die Mitarbeiter an den Kontrollschleusen sind letztlich selber Opfer. Die Löhne sind niedrig, die Arbeitszeiten sind unattraktiv. Weil die Passagierzahlen sehr ungleich über den Tag verteilt sind, arbeiten viele Beschäftigte der Sicherheitsdienste zudem in Teilzeit [...] Der Staat sollte sich nicht aus der Verantwortung stehlen und wenigstens dafür sorgen, dass die Sicherheit der Passagiere nicht durch unterbezahltes Personal infrage gestellt wird.


Merkel und die Gewerkschaften

Der Tagesspiegel, 16. Januar 2013

Man schätzt sich. Der rotznäsige Ton ihres Vorgängers ist Angela Merkel fremd; sie hört zu und hält sich an Zusagen, die für die Gewerkschaften wichtig sind. Deshalb ist es wenig überraschend, wenn sich die Gewerkschafter zu Beginn des Wahljahres nicht nur mit dem SPD-Kanzlerkandidaten, sondern auch mit der Kanzlerin treffen. [...] Die Arbeitnehmervertreter sind pragmatisch geworden, das Traditionsbündnis mit den Sozialdemokraten ist seit der Agenda 2010 aufgebrochen; [...] Seitdem merkelt es gewaltig, unter anderem ließ sich die Kanzlerin in der Krise auf die Argumente der Gewerkschafter ein, und es gab großzügige Kurzarbeitsregelungen und eine Abwrackprämie beim Autokauf. [...] bleibt nur noch der gesetzliche Mindestlohn - und der kommt garantiert in der nächsten Legislaturperiode. Ob mit oder ohne Merkel im Kanzleramt.