Im Februar kam es zum 19. Generalstreik seit Beginn des drastischen Sparens

Mit allem, was fährt, zum 24-stündigen Generalstreik. Athen am 20. Februar 2013

Die Politik der Sparsamkeit tötet: In der zentralgriechischen Stadt Larissa starben am letzten Februartag zwei junge Menschen an einer Kohlenmonoxidvergiftung, drei andere wurden in kritischem Zustand ins Krankenhaus gebracht. Die fünf Studenten hatten einen offenen Kohlegrill als Heizung benutzt, weil ihnen das Geld für das durch Steuererhöhungen für viele unbezahlbar gewordene Öl fehlte.

Die durch improvisierte Öfen verursachten Todesfälle waren nicht die ersten dieses Winters in Griechenland. Sie zeigen, wie drastisch die Folgen der massiven Einschnitte bei Löhnen, Renten und Gehältern in Verbindung mit immer höheren steuerlichen Belastungen sind. Den Staatsbediensteten wurden die Bezüge um bis zu 50 Prozent gekürzt. Und auch in der privaten Wirtschaft sind die Löhne seit 2010 drastisch gesunken. Die Abschaffung von Branchentarifverträgen und die per Regierungsbeschluss verordnete Senkung des Mindestlohns von ehemals etwas über 700 auf 586 Euro brutto im Monat bedrohen immer mehr Menschen in ihrer Existenz.

Entlassung von Tausenden Staatsbediensteten

Doch die angeblich auf diese Weise geförderte "Wettbewerbsfähigkeit" der griechischen Wirtschaft hat nicht etwa zu den versprochenen neuen Arbeitsplätzen geführt, sondern vielmehr zu einem Zusammenbruch von Wohlfahrtsstaat und Binnenmarkt. In den staatlichen Krankenhäusern fehlen selbst grundlegende Materialien wie sterile Handschuhe und Einwegspritzen. Die Ärzte warten seit Monaten auf die Bezahlung für ihre Bereitschaftsdienste. Viele Medikamente sind vom griechischen Markt verschwunden, weil in- und ausländische Pharmafirmen nicht zu den von der griechischen Regierung festgesetzten Preisen liefern, sondern ihre Produkte lieber auf lukrativeren Märkten verkaufen. Hunderttausende, meist als Familienbetrieb geführte Einzelhandelsläden und Handwerksbetriebe haben dicht gemacht oder stehen vor dem Konkurs.

Die 2009 noch unter zehn Prozent betragende Arbeitslosenrate ist auf über 26 Prozent geklettert, von den Jugendlichen ist mehr als die Hälfte arbeitslos. Ein Drittel der Menschen lebt bereits an oder unter der offiziellen Armutsgrenze, die in Griechenland bei einem Pro-Kopf-Einkommen von etwas über 500 Euro im Monat gezogen wird. Trotz der offensichtlich fatalen Folgen der eingeschlagenen Sparpolitik wird weder bei der griechischen Regierung noch bei der Gläubigertroika aus Europäischer Union, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank über Alternativen nachgedacht. Im Gegenteil. Bei ihrem jüngsten Besuch in Athen forderten die Abgesandten der Troika Anfang März die Entlassung von mindestens weiteren 25.000 Staatsbediensteten noch in diesem Jahr.

Der Widerstand ist ungebrochen

Insgesamt sollen 150.000 Stellen der öffentlichen Hand bis 2015 abgebaut werden. Betroffen sind selbst lebenswichtige Kernbereiche wie das Gesundheitswesen. Ganze Kliniken und Krankenhausabteilungen sollen geschlossen werden. In vielen Regionen fehlen schon jetzt Fachärzte. Auf der im Nordosten gelegenen Insel Samothraki praktiziert schon kein einziger staatlicher Kinderarzt mehr. In Bildung wird nicht investiert, stattdessen sollen Studiengänge ab- geschafft und Hochschulen zusammengelegt werden.

Der Widerstand von Lohnabhängigen und Gewerkschaften gegen die mittlerweile lebensbedrohlichen Einschnitte ist auch im dritten Jahr der Austeritätspolitik ungebrochen. So demonstrierten am 20. Februar allein in Athen beim 19. Generalstreik seit Beginn der Politik des Sparens erneut mehr als 80.000 Menschen gegen weiteren Lohnraub und die geplante Einschränkung des Streikrechts. In einer beeindruckenden Demonstration zogen wenige Tage später mehr als 4000 Bauern vor das griechische Parlament und forderten die Rücknahme der für sie existenzbedrohenden Maßnahmen, unter anderem der drastischen Steuererhöhung auf Dieselkraftstoff.

Allerdings waren die Menschen in Griechenland 2010 noch zuversichtlich, dass die Regierung ihre Politik zurücknehmen werde. Heute ist allen klar, dass die Politik zu Lasten der Bevölkerungsmehrheit und zum Wohle der Banken und Großunternehmen gewollt ist.

Wie sich der gewerkschaftliche Widerstand weiter entwickelt, hängt in hohem Maße auch vom Ausgang des Ende März anstehenden Kongresses des Gewerkschaftsdachverbands in der privaten Wirtschaft, GSEE, ab. Hier dominierten bisher die den Regierungsparteien Nea Dimokratia und PASOK nahestehenden Gewerkschaftsfraktionen DAKE und PASKE. Insbesondere bei der PASKE sind bereits ganze Gewerkschaftsorganisationen und viele Einzelmitglieder ausgetreten. Eine Verschiebung der Kräfteverhältnisse im Dachverband hin zu den linken Gewerkschaftsorganisationen Autonomi Paramvasi und PAME könnte dem Widerstand neuen Schwung geben.