Ausgabe 03/2013
Spur der Steine
Ich arbeite jetzt seit acht Jahren in der staatlichen Mosaikwerkstatt von Madaba, rund 30 Kilometer südlich der Hauptstadt Amman. Ich bin von Geburt an gehbehindert, und bis vor einigen Jahren war es für mich nicht möglich, im öffentlichen Dienst zu arbeiten. Inzwischen aber gibt es eine Quote, derzufolge die Regierung rund ein Drittel der Arbeitsplätze für Behinderte einrichten soll. Davor besaß ich ein winziges Restaurant für Süßigkeiten. Aber die Arbeit wurde für mich zu viel und es kam zu wenig dabei rum; mehr als 200 jordanische Dinar, etwa 210 Euro, hatte ich am Ende des Monats nicht.
Deshalb habe ich mich in Madaba bei der Mosaikschule um eine Ausbildung beworben, als ich erfuhr, dass auch ich als Behinderter hier eine interessante Arbeit finden kann. In der Schule habe ich dieses Kunsthandwerk gelernt, alte Mosaike zu restaurieren, aber auch neue Motive zu entwickeln und danach neue Mosaike zu fertigen. Madaba ist ja weltberühmt für seine byzantinischen und umayyadischen Mosaike, die vor allem auf dem Madaba-Plateau gefunden wurden. Am berühmtesten ist wohl die Mosaiklandkarte aus dem 16. Jahrhundert, sie zeigt Jerusalem und das Heilige Land. Sehen kann man die in der griechisch-orthodoxen St. Georgienkirche hier in der Stadt.
Wie vor Jahrhunderten
Wegen meiner Gehbehinderung arbeite ich hier in der Mosaikwerkstatt, an die auch ein Laden angeschlossen ist. Ich fange morgens um neun Uhr an und arbeite normalerweise täglich vier Stunden, es sei denn, ich habe viele Aufträge auf einmal. Die Kunden kommen zu uns und zeigen oder beschreiben uns, was für ein Motiv sie sich wünschen. Meistens sind es Naturdarstellungen wie dieser Baum, an dem ich gerade arbeite. Viele möchten aber auch Tiermotive. Ich zeichne dann das Motiv nach ihren Wünschen und mache mich an die Arbeit.
Die Mosaike stelle ich immer noch auf dieselbe traditionelle Art und Weise her, wie das vor Jahrhunderten geschah. Deshalb sind sie auch nicht ganz billig. Es ist eine Arbeit, die nur mit der Hand zu machen ist. Die Arbeit macht mir großen Spaß, auch wenn das Brechen der Steine mit der Zange anstrengend für den Rücken ist. Wenn's mir mal reicht, mache ich eine Pause und gehe eine Runde spazieren. Ich verwende unterschiedliche Steine wie Onyx und Jade. Es ist eine Freude, das Bild entstehen zu sehen. Mit meiner Arbeit verdiene ich im Monat 300 jordanische Dinar als Festgehalt, dazu bekomme ich 30 Prozent vom Verkauf meiner Mosaike.
Ich bin froh, dass es ein solches Sozialprojekt gibt. Früher war ich auf mich allein gestellt, und ich bin natürlich viel gehänselt worden wegen meiner Behinderung. Als ich hierherkam, war ich Single und besaß nichts. Jetzt habe ich eine Frau, ich verdiene Geld, und vor einigen Monaten haben wir unseren Sohn Ali bekommen. Und sogar ein Auto habe ich mir jetzt kaufen können.
http://de.visitjordan.com/default.aspx?tabid=189
Protokoll: Jenny Mansch