Ausgabe 04/2013
Musik
Von Random Access Memories |Daft Punk: Random Access Memories | In den 80er Jahren hat der Einsatz von Robotern in der Industrie reihenweise Arbeitsplätze vernichtet. Allein das Wort "Rationalisierung" ließ jeden Gewerkschafter erschauern. Heute hingegen schaffen Roboter Arbeitsplätze, und das ausgerechnet mit 80er-Jahre-Musik. Mit Daft Punk setzt nämlich ein Projekt auf menschliche Arbeitskraft und Inspiration, das Musik bislang mit rein elektronischen Produktionsmitteln erzeugt hat. Die beiden Franzosen, die hinter Daft Punk stehen, zeigen sich in der Öffentlichkeit nie ohne Helme. Die Musiker, die sie ins Studio baten, um die Songs einzuspielen, stammen aus allen Dekaden der Discomusik: Donna-Summer-Produzent Giorgio Moroder gehört dazu, Chic-Mastermind Nile Rogers und Pharell Williams, der in den Nuller Jahren Justin Timberlake, Snoop Dog und Britney Spears an die Spitze der Charts brachte. Es ist also kein Zufall, dass Get Lucky, die erste Single, mal an Chic und mal an Earth, Wind and Fire erinnert. Möge ihr Erfolg noch lange über diesen Sommer hinaus Arbeitsplätze im Musikgeschäft sichern! Martin Kaluza
CD, SONY
LaBrassBanda: Europa | Die Idee war natürlich bekloppt. Und sie ist es nun, da LaBrassBanda bereits ihr drittes Studioalbum herausbringen, immer noch: Fünf Bayern aus Übersee am Chiemsee spielen mit der Besetzung einer Bierzeltkapelle keine Sauflieder, sondern Reggae, Funk, HipHop, Jazz und Balkan-Beats. So bekloppt die Idee ist, so erfolgreich ist sie auch. Das unwahrscheinliche Rezept funktioniert auch auf Europa wieder ganz vorzüglich, vor allem, weil LaBrassBanda ihre Vergangenheit nicht verleugnen, aber intensiv nach neuen Möglichkeiten für ihre beschränkte Besetzung aus Bläsersektion und Rhythmusgruppe suchen. Neu sind Techno- und sogar Drum-‘n‘Bass-Rhythmen, Pop-Leichtigkeit und Soul-Pathos. Gesungen wird von einem sommerlichen Tag am Baggersee, genauso aber vom Sterben des eigenen Opas. Zum Abschluss, in Hymne, klingen LaBrassBanda dann plötzlich gar nicht mehr wie sie selbst, sondern ausgerechnet wie der evangelische Posaunenchor, den ihr instrumentales Arsenal schon immer nahelegte. Das ist zwar weihevoll, aber vor allem ein schöner Scherz. Aber wer so bekloppte Ideen hat, der muss ja Humor besitzen. Thomas Winkler
CD, Europa/Sony
Laura Marling: Once I was An Eagle | Manche/r hat mit 23 Jahren bereits seine historische Stunde hinter sich. So wie Laura Marling. Die hat es nämlich geschafft, ein jugendliches Publikum für den guten alten Folk zu begeistern. Ein Verdienst, das der jungen Engländerin ein Abonnement auf Brit-Award-Nominierungen eingebracht hat. Aber auch ein Image als Teenie-Sensation, das sie nun mit ihrem vierten Album anscheinend recht radikal verändern will. Denn musikalisch stützt sich Laura Marling für Once I was An Eagle weitgehend auf eine Schrammelgitarre, ein einsam klagendes Cello und eine altersschwache Orgel aus den Sixties. Ins hysterische Format-Radio bringt einen heutzutage so viel Kargheit kaum, aber mit einem Platz im Singer/Songwriter-Pantheon könnte das nun schon was werden. Ihren Wunsch, dort aufgenommen zu werden, verbirgt Laura Marling deshalb auch kaum. Auf ihrem Album wagt sie es sogar, dem Säulenheiligen Bob Dylan mit dem Diebstahl ganzer Zeilen ihre Referenz zu erweisen. Where can I go? fragt sie in einem ihrer Songs - Laura Marling weiß es offenbar ziemlich genau. Thomas Winkler
CD, Virgin/Universal