Ein gefährliches Spiel

Am Hang | Es ist wohl ein überholtes Klischee, dass Frauen treuer sind als Männer. Sogar reifere Damen gehen mitunter gern einmal fremd wie Fanny Ardent in der Romanze Die schönen Tage. Die Heldin in Markus Imbodens Romanadaption Am Hang agiert allerdings noch rigider: Sie trennt sich im Laufe einer heimlichen Affäre von ihrem Ehemann, lässt sich auch nicht erweichen, zu dem Anhänglichen zurückzukehren, als ihr unsteter Verführer ihr den Laufpass gibt. Über die näheren Motive dieser Valerie, die Martina Gedeck mit der ihr eigenen Eleganz und Lässigkeit verkörpert, ist jedoch wenig zu erfahren, sie ist ein rätselhaftes Objekt der Begierde.

Der männliche Blick birgt indes durchaus seinen Reiz, lernt man doch eine introvertierte Künstlernatur, wie sie Henry Hübchen darstellt, besser verstehen. Hübchen, dem man den gefühlvollen Cellisten zwar nicht ganz so abnimmt, den schnodderigen Betrogenen und rachedurstigen Zyniker dafür umso mehr, spielt Felix, einen Orchestermusiker Mitte 60. Er macht um den Seitensprung seiner Frau keine Riesensache, ist bereit zu verzeihen, käme sie nur zu ihm zurück. Und da ihm die Hoffnung schon ziemlich abhanden gekommen ist, grübelt er darüber nach, welche Verzweiflungstat er begehen könnte. Gedankenverloren steht er an den Bahngleisen. Will er sich umbringen? Es sieht so aus. Doch als der Zug donnernd naht, reißt ihn jemand zu Boden, und schon wenig später lernt er seinen Retter näher kennen. In dem Speisesaal eines Luxushotels sitzen sich die Männer gegenüber, aus einem verlegenen Smalltalk entspinnt sich ein anregender Dialog über die Beständigkeit der Liebe. Ob er einfach nur "zu zahm" war, fragt sich der Idealist mit dem gebrochenen Herzen. Der Jüngere, ein Scheidungsanwalt, schwört dagegen auf die Freiheiten eines Singles und berichtet von einer prickelnden Liaison mit einer älteren, verheirateten Unbekannten. Kurioserweise reden die beiden von derselben Frau. Felix braucht nicht lange, um das herauszufinden, der begriffsstutzige Thomas, den der Schauspieler Max Simonischek sympathisch uneitel als oberflächlichen Einfaltspinsel anlegt, steht dagegen noch auf dem Schlauch, als ein gefährliches Spiel beginnt.

Der eigenwillige Mix aus Melodrama und Thriller überzeugt. Am Hang ist zwar nicht der ganz große Wurf angesichts kleiner dramaturgischer Schwächen, aber ein allemal packendes Kammerspiel, durchdrungen von Lebensweisheiten und zarter Poesie. Kirsten Liese

D 2013. R: MARKUS IMBODEN. D: HENRY HÜBCHEN, MARTINA GEDECK, MAX SIMONISCHEK U.A. 91 MIN.; START: 28.11.2013


Houston | Autos machen nicht glücklich. Ulrich Tukur spielt Trunschka, einen ständig umher kutschenden Headhunter, dem gerade Job, Ehe und Alkohol-Konsum entgleisen. Ein deutscher Automobilkonzern beauftragt ihn, einen Ölmilliardenmanager als Vorstandsvorsitzenden abzuwerben. Die Jagd von Berlin nach Houston treibt den Arbeitsaufwand auf die Spitze und den Geplagten ins Hotelhochhaus. Der texanische Topmanager scheint un- erreichbar wie eine Fata Morgana. Trunschka leert Minibarfläschchen, bevor er sich zur Hotelbar schleppt. Dort trifft er einen genauso vereinsamten US-Kollegen, der seine aufdringliche Gesellschaft gegen rigorose Einfälle anbietet. Verfolgungsjagden per Golfcart und Mietauto führen Trunschka nun näher ans Jagdziel. Doch werden sich die Gespräche der beiden Arbeitsopfer als Trost und Risiko zugleich erweisen. Houston hätte man als Kumpelkomödie, als Thriller oder als Autosatire drehen können. Regisseur Bastian Günther traute sich, das nicht zu tun, und nah an Kummer und Komplikationen zu bleiben. Und an Fahrzeugen mit Büffelhörnern über der Windschutzscheibe. Jutta Vahrson

D/USA 2013. R: B. GÜNTHER. D: U. TUKUR, G. DILLAHUNT, J. SCHILY, J. DOUGLAS, 107 MIN., KINOSTART: 21.11.13


Master Of The Universe | Hochrangige Bankmanager stehen in keinem guten Ruf, aber dem Experten dieses Films schenkt man bedenkenlos sein Vertrauen. Denn Rainer Voss betrachtet die marode Finanzwelt aus der Distanz eines Skeptikers. Ehrlich, klug, selbstkritisch und ungemein spannend redet der ehemalige Top-Broker über Allmachtsfantasien, Größenwahn und den erschreckenden sozialen Realitätsverlust der Leute in den glitzernden Bürotürmen. Seine Analysen beunruhigen, weil sie sich aus persönlichen Erfahrungen herleiten. Als er selbst noch mit astronomischen Zahlen jonglierte, fühlte sich Voss wie im Raumschiff Enterprise. Über den Irrwitz eines Systems, das sich mit der Privatisierung der Banken verschlechterte und zunehmend seriöse Geldinstitute zu dubiosen Geschäften verleitete, begann er erst viel später nachzudenken. Für den Film hat es den sympathischen Frühpensionär in eine verlassene Frankfurter Bank verschlagen - eine gespenstische Kulisse für düstere Prognosen: So wie sich mit Geldsummen mittlerweile Länder angreifen lassen, stehen wohl noch einige Staatspleiten zu befürchten. Kirsten Liese

D/A 2013. R: MARC BAUDER. D: RAINER VOSS. 88 MIN., KINOSTART: 7.11.2013