Krisenkapitalismus und EU-Verfall - War die Eurokrise lediglich ein Betriebsunfall, aus dem Europa gestärkt hervorgehen wird? Oder ist die Eurokrise Ausdruck der prinzipiellen Krisenhaftigkeit des Kapitalismus? Der Wirtschaftswissenschaftler Heinz-J. Bontrup untermauert in seinem neuen Buch den zweiten Standpunkt. Das Funktionsprinzip unseres Wirtschaftssystems ist das unversöhnliche Gegenüber von Kapital und Arbeit. Mit dem Bestreben, immer mehr Profit zu machen, untergräbt der Kapitalismus jedoch seine eigenen Grundlagen. Denn mehr Profit bedeutet weniger Arbeitseinkommen und damit weniger Nachfrage. Ohne die funktioniert der Wirtschaftskreislauf aber nicht. Deshalb muss der Staat als wichtiger "Akteur auf dem kapitalistischen Spielfeld" permanent korrigierend eingreifen, die Kapitalisten gewissermaßen vor sich selbst schützen. Das funktionierte auch ganz gut bis in die 1970er Jahre. Dann begannen "neoliberale Apologeten" massiv gegen die Staat zu polemisieren. Mit Erfolg, wie Bontrup feststellt. Mit der "Agenda 2010" reihte sich schließlich auch die SPD in diesen Strom ein: Die Deregulierung des Arbeitsmarktes trug zu einer anhaltenden Stagnation der Arbeitseinkommen bei, während die Bezieher von Gewinn- und Vermögenseinkommen massiv profitierten. Das hat die Spekulation auf den Kapitalmärkten angetrieben - mit den bekannten Folgen. Als Alternative plädiert Bontrup für eine durchgreifende Demokratisierung der Wirtschaft. Ziel müsse vor allem eine strikte Regulierung der Finanzmärkte, ein Ausbau des europäischen Sozialstaats und mehr öffentliche Ausgaben für Bildung, Umwelt und Infrastruktur sein. Finanzieren ließe sich dies durch eine stärkere Besteuerung des vorhandenen, besonders in Deutschland extrem konzentrierten Reichtums. Norbert Reuter

Heinz-J. Bontrup: Krisenkapitalismus und EU-Verfall, Papyrossa-Verlag, Köln, 231 Seiten, 15,90 €, ISBN 978-3894385378


Blockupy 2013 - Die Bürgerrechtsorganisation "Komitee für Grundrechte und Demokratie" macht sich seit vielen Jahren verdient um die Dokumentation von Widersprüchen zwischen Verfassungsanspruch und Verfassungswirklichkeit in Deutschland. So auch mit dem jüngst erschienenen Buch Blockupy 2013. Im Frühjahr 2013 hatte das Blockupy-Bündnis gegen die europaweite Verarmungspolitik zu Aktionen in Frankfurt/Main aufgerufen. Am 1. Juni 2013 kesselte die Polizei fast tausend Demonstrierende länger als neun Stunden ein und verhinderte so eine Großdemonstration. Das Komitee hat die Versammlungen und den polizeilichen Umgang damit beobachtet. Der staatliche Umgang mit dem Protest wird im Buch in den Kontext des Grundrechts auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit gestellt und an der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gemessen; die politischen, polizeilichen und wissenschaftlichen Begründungen des polizeilichen Vorgehens werden verfassungsrechtlich bewertet. Das Buch soll, wie die Herausgeber schreiben, "dazu ermuntern, den Kampf um das Demonstrationsrecht trotzdem und erst recht auf der Straße und vor Gerichten weiterzuführen". hem/pm

Bestellungen zum Preis von 7 € frei Haus bei: Komitee für Grundrechte und Demokratie, Aquinostr. 7-11, 50670 Köln, info@grundrechtekomitee.de, ISBN 978-3889061423. Eine Leseprobe ist unter www.grundrechtekomitee.de/node/617 abrufbar.


Arbeitsfrei - Constanze Kurz und Frank Rieger nehmen uns mit auf eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen. Da beide Sprecher des Chaos Computer Clubs sind, verfahren sie wie Computerhacker: Sie nehmen das System auseinander, untersuchen die Einzelteile, wägen die absehbaren Entwicklungen ab. Die Automatisierung der Arbeit ist bereits viel weiter vorangeschritten, als generell wahrgenommen. Dies zeigen sie am Beispiel der Brotproduktion. Wir treffen auf Landwirte, deren wichtigstes Werkzeug das Smartphone ist, computergesteuerte Mühlen und Backstraßen, menschenleere Logistikhallen. In Forschungslaboren werfen wir dann einen Blick in die nächste Zukunft: Selbstfahrende Autos, Drohnen, ferngesteuerte Chirurgieroboter, Altenpflegemaschinen. Selbst geistige Aufgaben werden zunehmend algorithmisch gelöst. Sowohl in der Produktion als auch in Dienstleistungen beschränkt sich der unersetzliche Anteil der Menschen immer mehr auf Programmierung, Kontrolle, Fehlerbehebung und Wartung. Die Autoren verweisen auf die vielfältigen Probleme, die dadurch entstehen: die Konzentration von Verantwortung und Macht oder die Überanwendung von Maschinen. Zugleich bejahen sie die Abschaffung von schmutzigen, gefährlichen und langweiligen Arbeitsplätzen. Und sie warnen: Noch werden viele mechanische Tätigkeiten von Menschen ausgeübt, weil die Löhne niedrig gehalten werden. Mit Lohnanhebungen in China und anderswo wird es sich aber rentieren, in eine neue Automatisierungswelle zu investieren, also weitere Arbeitsplätze zu vernichten. Deshalb tut es Not, Verteilungsgerechtigkeit neu zu denken. Kurz und Rieger sind davon überzeugt: Die neue Symbiose von Mensch und Maschine könnte das Leben aller besser machen, wenn die ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen stimmen. Guillaume Paoli

Constanze Kurz, Frank Rieger: Arbeitsfrei - eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen, Riemann Verlag, München, 286 Seiten, 17,99 €, ISBN 978-3570501559