Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen: Alle Ampeln auf Gelb! - Werner Enke machte Uschi Glas zum Star, feierte Ende der sechziger Jahre Erfolge wie Zur Sache, Schätzchen und landete katastrophale Flops wie Mit mir nicht, Du Knallkopp. Dem weitgehend vergessenen Filmemacher ein musikalisches Denkmal zu setzen, darauf konnte wohl nur "Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen" kommen. Denn die Hamburger Band, hervorgegangen aus den legendären Superpunk, ist nicht nur bekannt für sympathisch klapprige Tanz-Musik mit Hang zum Soul aus den goldenen Sixties, sondern auch für einen kauzigen Humor. Dass die Frage "Kennst Du Werner Enke?" nur von einer Minderheit mit Ja beantwortet werden kann, aber trotzdem ihr zweites Album Alle Ampeln auf Gelb! eröffnet, beweist, dass die Band eh nicht mit großem kommerziellen Erfolg rechnet. Was eine Schande ist, denn egal ob die gewöhnlichen Gentlemen eine Hymne auf eine Hamburger Parkanlage verfassen oder sich Alleine auf Partys herumtreiben: Mit so viel Herz und so viel Witz singt hierzulande kaum jemand vom Alltag der Menschen. Thomas Winkler

CD, Tapete Records/Indigo


Sohn: Tremors - Motorradhelme und Pandamasken, fantasievolle Pseudonyme und verschleierte Biografien: Geheimniskrämerei ist gerade ziemlich schick in der Popmusik. Auch Cristopher Taylor verschweigt, so gut es geht, seinen Namen und die Tatsache, dass er mal hinter der eher belanglosen Indie-Popband Trouble Over Tokyo stand. Neu erfunden hat er sich statt dessen unter dem Decknamen Sohn als elektronisch unterstützter Schmerzensmann. Auf seinem Debütalbum Tremors flattern die Sequenzer nur selten so, als wollte Taylor eine Disco einreißen. Lieber beschallt der mittlerweile in Wien lebende Engländer die Party nach der Party, lässt die Schaltkreise zart knistern und entspannt blubbern, baut urbane, aber unaufgeregte Klanglandschaften. Im Zentrum dieser grandios stahlblauen Balladen aber stehen Taylors Klagegesänge: Wir sind wie Knochen auf einem Riff, wir warten auf die Wellen, singt Sohn, und seine Stimme verliert sich zwischen den Bits und Bytes, die heranrollen wie die Brandung. James Blake und Jamie Woon bekommen Konkurrenz. Lange wird sich Sohn nicht mehr verstecken können. Thomas Winkler

CD, 4AD/Beggars/Indigo


Mayra Andrade: Lovely Difficult - Die junge kapverdische Sängerin legt mit ihrer vierten CD eine spannende musikalische Gratwanderung hin. Lovely Difficult - der Albumtitel deutet es schon an - will scheinbare Widersprüche miteinander versöhnen. Andrade bringt Afrikanisches, Brasilianisches, Karibisches und die Funaná- und Batuku-Sounds ihrer kapverdischen Heimatinsel Santiago auf einen Nenner, ohne etwa in die großen Fußstapfen einer Cesaria Évora treten zu müssen. Auch sprachlich präsentiert sich die Sängerin mit der verführerisch unbeschwerten Stimme, in der bisweilen ein Hauch Melancholie mitschwingt, ganz international. Kreolisches Portugiesisch, Englisch, Französisch - kein Problem, schließlich hat Andrade schon an vielen Orten der Welt ihre Zelte aufgeschlagen. Und von allem hat sie dabei etwas in sich aufgesogen. Wohl auch deshalb gelingt ihr diese fabelhafte Liaison aus tropischer Leichtigkeit und emotionaler Tiefe. Klar, Andrade ist Pop - aber ohne Mainstream zu sein. Oder anders herum: Hier gibt's Weltmusik mit Pop-Appeal. Das scheinbar Schwierige meistert Mayra Andrade mit Bravour. Das macht sie und ihre Songs so liebenswert. Peter Rixen

CD, Sony Music