Ausgabe 04/2014
Bei den Tapiren
Susanne Böse-Seitz, 50, Zootierpflegerin im Zoo Saarbrücken
Zootierpflegerin ist der schönste Beruf, den ich mir vorstellen kann. Ich mache das seit 20 Jahren und habe mir damit einen Kindheitstraum erfüllt. Dabei unterscheidet sich das, was ich täglich tue, doch sehr vom dem, was man in den schönen Zoo-Dokumentationen im Fernsehen sehen kann. Aber ganz ehrlich: Ich verstehe, dass unser Beruf dort geschönt wird. Wer hätte auch Lust, sich eine halbe Stunde lang anzuschauen, wie jemand ein Gehege säubert?
Mein Tag beginnt morgens um sieben. Ich schaue erst mal nach den Tieren, checke, ob alle gesund und munter sind. Dann beginne ich im Südamerika-Haus. Dort kümmere ich mich um die Tapire, die Sonnensittiche, die Sumpfmeerschweinchen und die Krallenaffen. Die bekommen ihr Futter, und ich mache die Gehege sauber. Manchmal hat man heftig damit zu tun, den Kot wegzuschaufeln; das ist anstrengend.
Dann geht es weiter im Jaguar-Haus. Ich portioniere das Fleisch, das die Tiere bekommen. Ich muss genau schauen, wo die Tiere sich aufhalten, und darauf achten, dass die Schiebetüren gut geschlossen sind, wenn ich die Gehege saubermachen will. Ich arbeite mit Raubtieren, laut Berufsgenossenschaft gilt das als "sehr gefährliche Arbeit". Aber ich wollte schon immer zu den großen Katzen und bin sehr glücklich, dass das geklappt hat.
Leider habe ich nie so viel Zeit, wie ich gern hätte, um mich mit den Tieren direkt zu beschäftigen. Wir sind auch immer im Kontakt mit den Besuchern. Ich beantworte alle möglichen Fragen zu unseren Tieren: Wo sie in Freiheit leben, was sie fressen, ob man sie zu Hause halten kann. Leider bleibt dann nicht mehr allzu viel Zeit für das, was wir Tierbeschäftigung nennen. Dabei basteln wir Spielzeug oder verstecken Futter, um für die Tiere immer wieder neue Reize zu setzen.
So seltsam es klingt: Als Zootierpfleger gehören wir zu den Menschen in Pflegeberufen, mit schlechter Bezahlung und in Zeiten leerer Kassen auch mit viel Zeitdruck. Aber viele meiner Kollegen würden noch Geld mitbringen, wenn sie welches hätten, um zum Beispiel bessere Gehege für ihre Tiere zu bauen. Die sind froh und dankbar, weil sie überhaupt in ihrem Traumberuf arbeiten können.
Dass jemand mit meinem Job in der Gewerkschaft ist, ist ziemlich selten. Aber mein Zoo in Saarbrücken ist zum Glück eine städtische Einrichtung, mit Personalrat und einer starken Gewerkschaft. Ich bin seit zehn Jahren Vertrauensfrau, das gehört für mich einfach dazu. Wenn ich davon höre, dass in einem Zoo etwas passiert und ein Mensch zu Schaden gekommen ist, weiß ich, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit an menschlichem Versagen lag. Dann frage ich mich immer, ob das nicht auch dem Personalmangel und dem Stress geschuldet ist.
Dabei sind Zoos kein Luxus, den man sich sparen könnte. Was Natur- und Umweltschutz bedeutet, kann man erst wirklich begreifen, wenn man die Tiere, um die es dabei geht, auch mal gesehen hat. Und wer kann es sich denn heute leisten, dort Urlaub zu machen, wo sie in freier Natur leben? Dass wir den Menschen das ermöglichen, finde ich unglaublich wichtig.
Protokoll: Susanne Kailitz
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