Ausgabe 06/2014
Wir stehen am Anfang
Kein Brandschutz an den Arbeitsplätzen, keine Versicherung im Krankheitsfall, sechs Tage die Woche 14 Stunden für einen Hungerlohn arbeiten. Wer einer Gewerkschaft beitritt, riskiert seinen Job. Gewerkschaftsmitglieder werden verprügelt, entführt und verhaftet.
Vor zwei Jahren, am 11. September 2012, verbrannten in Karatschi (Pakistan) 259 Menschen, eingeschlossen in einer illegal umgebauten, nicht registrierten Textilfabrik. Hunderte verloren das Einkommen, an dem ihre fünf-, sechs- oder siebenköpfige Familie hängt. Die Fabrik arbeitete fast ausschließlich für ein großes deutsches Textil-Unternehmen, das die verzweifelten Überlebenden und Angehörigen jetzt mit Almosen abspeisen will. Die Verhandlungen werden verschleppt, der deutsche Auftraggeber bietet nur einen Bruchteil der angemessenen Entschädigung an. Kein Einzelfall, sondern leider Alltag im globalen Textilgeschäft.
Wir stellen mit Schrecken fest: In Südasien wird unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen genäht, was wir in den Fußgängerzonen unserer Städte kaufen. Kleidung, an der Blut klebt. Was in Pakistan geschah, hat sich in Bangladesch wiederholt, mit noch mehr Toten und Verletzten. Trotz der Katastrophe werden die Schwachen, die Näherinnen und Näher, weiter betrogen. Sie sind völlig schutzlos.
Das ist untragbar. Wir wissen aus eigener Erfahrung, wie zäh, wie lange auch in unserem Land um eine menschenwürdigere Arbeit und gewerkschaftliche Rechte gekämpft werden musste und weiter gerungen werden muss. Die Kolleginnen und Kollegen brauchen jetzt unsere Solidarität. Sie brauchen eine angemessene Entschädigung, sie brauchen bessere Arbeitsbedingungen und eine anerkannte gewerkschaftliche Vertretung. Wir alle brauchen ein deutlich verschärftes Haftungsrecht, das deutsche Unternehmen auch im Ausland auf Arbeitssicherheit, bessere Arbeitsbedingungen und Anerkennung des Arbeitsrechts verpflichtet.
Wir alle sind die Öffentlichkeit. Wir bitten Sie um eine Spende für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen. Wir tun das nicht, um die Unternehmen aus ihrer Verantwortung zu entlassen, im Gegenteil: Wir wollen Druck machen. Wir spenden für einen Opferfonds, der medizinische Behandlungen unterstützt. Wir tragen zur Finanzierung von Gerichtsverfahren gegen die Schuldigen hier in Deutschland bei. Und: Wir unterstützen den Ankauf eines Gewerkschaftshauses in Karatschi. Es geht um gute Arbeit und gutes Leben. Überall. Helfen Sie mit!
Reiner Hoffmann, DGB-VorsitzenderFrank Bsirske, ver.di-Vorsitzender Detlef Wetzel, IG-Metall-Vorsitzender
medico international, Spendenkonto 1800, Frankfurter Sparkasse, IBAN: DE21 5005 0201 0000 0018 00, Spendenstichwort: Gewerkschaftshaus Karatschi