Sicherer paaren

Vergessen Sie Vermittlungsagenturen und Dating-Portale. Der sichere Weg, den Traumpartner zu finden, ist der Beitritt zur Gewerkschaft. Das haben zwei US-amerikanische Soziologen herausgefunden. Nachdem sie Daten in einer Zeitspanne von 25 Jahren analysiert hatten, stellten sie eine positive Wechselbeziehung von Gewerkschaftsmitgliedschaft und Eherate fest, zumindest bei Männern. Übertrieben wäre allerdings, daraus zu schließen, dass ein ver.di-Ausweis Sie sexy macht. Es geht ja um die Eheschließung; so romantisch die Liebe auch sein mag: Menschen heiraten, weil sie sich eine halbwegs sichere Zukunft wünschen. Dazu gehören gewisse Garantien. "Es könnte sein", schreiben die Soziologen aus Nordamerika, "dass die Gewerkschaftsmitgliedschaft das Signal an den Heiratsmarkt sendet: Der Kandidat ist langfristig finanziell gesichert." Wir wissen aus der Biologie, dass für die Paarung Männchen mit eher seltenen Merkmalen bevorzugt werden, Pfauen mit langen Federschwänzen zum Beispiel, oder Hirsche mit prächtigem Geweih. Oder eben gewerkschaftlich organisierte Lohnempfänger: Ihre Zahl ist deutlich gesunken, in den USA auf nur noch 11,3 Prozent. Das macht sie entsprechend attraktiv, vorausgesetzt, dass man bzw. Frau überhaupt heiraten will. Denn nicht nur der Organisationsgrad, auch die Eherate ist in God‘s Own Country auf den historischen Tiefstand von 31,1 Prozent gesunken, gegenüber 92,3 Prozent im Jahre des Herrn 1920. Beide Elemente gehören zu einem Lebensmodell, das von der allgemeinen Flexibilisierung angefressen wird. Tendenziell sind Affären wie Jobs nur noch befristet und ohne Kündigungsschutz zu haben. In der Liebe wie am Arbeitsplatz werden die Verhandlungen härter, die Planungen unsicherer. Man wird schnell in die Freiheit entlassen, dem Markt vereinzelt ausgeliefert. Kein Wunder also, dass die Sehnsucht nach einem dauerhaften Bund größer wird, heißt er nun Ehe oder Gewerkschaft. Auf Gedeih und Verderb.

Guillaume Paoli