Jacky im Königreich der Frauen - Karge Berge, kleine Häuser, mampfende Ponies. Wir befinden uns in einem Land mit Frauenmilitärdiktatur und Pferdekult. Keine Kinoklamotte, sondern ein Wagnis, so respektfrei und komisch wie Monty Python in ihren besten Zeiten. Regisseur, Musiker, Comic-Künstler Riad Sattouf, geboren vor 36 Jahren in Paris, wuchs in Syrien, Libyen, Algerien und der Bretagne auf. Bis 2014 zeichnete er für Charly Hebdo. In seinem zweiten Kinofilm wird das, was wir kennen, herrlich bizarr auf den Kopf gestellt. Es besteht ein Verschleierungszwang für Männer, degradiert zu kichernden rechtlosen Dingern. Die berufstätigen Mütter sind Tyrannen nach dem Vorbild der Staatschefin, einer vertrottelnden Generarilissima. In dieser Parodie geht es den Frauen ebenso an den Kragen wie totalitären Unterdrückersystemen oder religiösen Berechtigungsmythologien. Gleichzeitig funktioniert Jacky im Königreich der Frauen als Hieb gegen das scheinbare Naturpatriarchat, in dem wir alle leben. Ein wesentlich smarterer und umfassenderer Film als die klägliche Anti-Nordkoreaklamotte Das Interview. Nur ohne deren von Politikern hochgepeitschte PR. Jutta Vahrson

F 2014, R: Riad Sattouf. D: Vincent Lacoste, Charlotte Gainsbourg, Anémone, 90 Min., Kinostart: 19.2.15


Leviathan - Was würde man nicht alles dafür geben, einen korrupten Regenten zur Strecke zu bringen! Allerdings werden Kämpfe à la David gegen Goliath selten gewonnen. In diesem bildgewaltigen, in der russischen Provinz verorteten Epos gibt es gleichwohl aufrechte, mutige Menschen, die Ungerechtigkeiten nicht widerspruchslos hinnehmen: Kolja will sich sein Eigenheim nicht einfach von dem machtgierigen Bürgermeister wegnehmen lassen. Sein befreundeter Anwalt kennt sich aus mit Verfahren wie diesem und verfügt über brisante Dokumente, deren öffentliche Bekanntgabe dem Widersacher eine Niederlage bei der nächsten Wahl bescheren würde. Doch hat der Bonze sehr viel mehr Macht, als der Jurist ahnt, eiskalt spielt er sie aus. Fortan jagt eine Hiobsbotschaft die nächste. Am Ende muss der Anwalt kapitulieren, Kolja landet unschuldig im Gefängnis, seine Frau begeht Selbstmord. Pessimistischer könnte der bewegende Film, der mit Macht und Korruption abrechnet, kaum ausklingen. Der Kran, der schließlich das enteignete Haus abreißt, wirkt dabei wie das alttestamentarische Ungeheuer, nach dem Zvyagintsev seinen Film benannt hat. Kirsten Liese

RU 2014. R: Andrey Zvygintsev. D: Aleksey Serebryakov, Vladimir Vdovichenkov, Elena Lyadova, 140 Min., Kinostart: 12.3.2015