Leserbrief

Als längjähriges ver.di-Mitglied und Teilnehmer bei Aktionen gegen TTIP und CETA des Vereins "Mehr Demokratie" kann ich nur begrüßen, dass sich auch ver.di dazu entschlossen hat, dem Bündnis für die Bürgerinitiative gegen TTIP beizutreten. Auch die Ausführungen von Werner Rügemer kann ich nur unterschreiben. Und doch fehlen meiner Meinung nach einige enorm wichtige Informationen aus diesem "Vertragswerk". Was für mich viel, viel gravierender ist, ist die sogenannte "Ewigkeitsklausel", in der festgelegt werden soll, dass ein Ausscheiden eines Staates aus diesem "Abkommen" nur noch dann möglich ist, wenn alle - ich betone alle - anderen Staaten bzw. Regierungen zustimmen, und dieser Zeitraum erstreckt sich zunächst über 20 Jahre. Das bedeutet nichts anderes, als dass selbst neu gewählte Regierungen, die das Abkommen ablehnen, weil sich die Erwartungen nicht erfüllt und die Repressionen die Armut der Menschen erhöht haben, dieses Abkommen de facto gar nicht mehr aufkündigen können.

Damit wird jede demokratische Wahl diesbezüglich wirkungslos, fast schon obsolet. Leider wird diese Information bislang kaum weitergegeben oder veröffentlicht. Nicht umsonst halten führende Rechtswissenschaftler dieses Vertragswerk für grundgesetzwidrig. Aber das scheint ja unsere Regierung, speziell Frau Merkel und auch Herrn Gabriel nicht zu stören. Im Gegenteil: Herr Gabriel lässt ein Gegengutachten anfertigen, bei einem "Gutachter", der selbst als Vertreter in einem solchen Investor-Staat-Schiedsgericht als "Richter" sitzt. Und Frau Merkel steht ja sowieso dazu, unsere Demokratie marktkonform zu machen. Damit muss die Frage gestellt werden, wie demokratisch die Einstellung unserer Regierungsvertreter ist, und wie das zu dem Amtseid passt: Nutzen für das Volk zu mehren und Schaden vom deutschen Volk abzuwenden.

Albert Wagner, Bochum

Als Sozialdemokrat und 94-jähriger Berliner frage ich, wie es sein kann, dass in unserer Demokratie irgendwelche Lobbyisten im Geheimen mit den USA Verhandlungen über das TTIP-Freihandelsabkommen führen? Die Auswirkungen spürt doch das ganze Volk! Warum ist so etwas in der EU möglich, und die deutsche Regierung und auch die anderen weisen das nicht scharf zurück? Aber Frau Merkel und Herr Gabriel sind ja begeistert von dem Pakt. Was ist das für eine "Führungs-Elite", die die EU vertritt? Wo soll denn da ein Vertrauen in Europa herkommen? Kein Wunder, dass die AfD so viele Stimmen bekommt. Was können wir, das Volk, dagegen unternehmen? Vielleicht kann mir mal jemand antworten?

Gerhard Findeisen, Berlin


Zurück zu den Wurzeln der Höflichkeit, Genderdebatte in ver.di publik 7 + 8_2014

Als frisches ver.di-Mitglied halte ich meine erste publik in Händen - und habe, ohne es zu erwarten, etwas gelesen, das mich inspiriert, meine Art zu leben bzw. zu schreiben zu überdenken. Danke für diesen Leserbrief. Ich finde es jetzt bewusster, schöner und wertschätzender, wenn ich Frauen und Männer gleichermaßen ausgeschrieben anspreche. Es verlangsamt ggf. etwas den Lese- und Schreibfluss, ist aber nicht so holprig wie die Schrägstrichvarianten und für mich auch eine gute Entschleunigungsmaßnahme in unserer hektischen, auf Effizienz ausgerichteten Zeit. Die Höflichkeit, die wir übrigens den Frauen an "Hofe" nach dem 30-jährigen Krieg zu verdanken haben, gebietet es natürlich, die Frauen zuerst zu nennen. Da haben die Frauen, nach den männlich dominierten Kriegsjahren die Gelegenheit, aber auch die Notwendigkeit verspürt, sich aktiv einzubringen und ihren Bedürfnissen Raum zu verschaffen. Wenn das Ringen um die beste und gerechteste Formulierung etwas aus den Fugen gerät, sollten wir das Ziel nicht vergessen: eine wertschätzende, den/die andere(n) in seiner Gleichheit und Unterschiedlichkeit (be-)achtende Umgangsform.

Oha, das war jetzt etwas holprig, versuchen wir es nochmal: Das Ziel: Eine wertschätzende Umgangsform, die den anderen Menschen beachtet und als Person in seiner Gleichheit und Unterschiedlichkeit achtet.

Und so sehe ich nun in der persönlichen Ansprache von Frauen und Männern eine besonders schöne Form, Wertschätzung gegenüber dem anderen Geschlecht auszudrücken. Dankbar inspiriert,

Andreas Landgraf, München


Thema "Ost-West-Renten", zum Leserbrief von U. Neuß, ver.di publik 8_2014

Ist es nun vorbei mit gewerkschaftlicher Solidarität? Kollegin Neuß verschweigt geflissentlich die Betriebs- und anderen Rentenarten, die es nur in der alten BRD gegeben hat, und die Tatsache, dass DDR-Frauen vollbeschäftigt waren. Der von ihr benannte Rentenschnitt betrifft auch nicht die Generation der letzten 25 Jahre. Und wo bitte ist die Lebenshaltung im Osten billiger?

Rosemarie Szymanowsky, Berlin


Thema "Zu Risiken und Nebenwirkungen", ver.di publik 5_2014

Mit großem Interesse und auch Freude habe ich Ihren interessanten Beitrag über die elektronische Gesundheitskarte gelesen. Endlich wird einmal korrekt, qualifiziert und sachlich darüber berichtet. Die meisten Zeitungen berichten entweder unvollständig oder einseitig.

Mona Geissler, per E-Mail


Thema "Lidl - Billig als Prinzip", ver.di publik 8_2014

Ihr Bericht in der Dezember-Ausgabe, die Firma Lidl betreffend, hat mir ein müdes Lächeln entlockt. Die beschriebenen Vorkommnisse kenne ich zum größten Teil auch von der Firma Hit (-Markt), wo ich elf Jahre gearbeitet habe. Zusätzlich werden keine gesetzlichen Zuschläge bezahlt und die Feiertage nicht korrekt abgerechnet. Den Minijobbern, und davon gibt es etliche, werden die tariflichen Leistungen nicht bezahlt. Ich musste meine mit Hilfe von ver.di geltend machen. Was die unkorrekten Feiertagsabrechnungen betrifft, bekommt man auf Nachfrage in der Lohnbuchhaltung die Aussage, dass es jeder Marktleiter handhaben könne, wie er wolle. Und alle Kollegen lassen es sich gefallen. Kann es denn rechtens sein, wenn ein Tarifvertrag ausgehebelt wird und dadurch systematisch Steuerhinterziehung begangen wird?

Daniela Cabbar, per E-Mail


Thema "Es geht um das Streikrecht", ver.di publik 8_2014

Sicherlich ist dies ein Thema, das gegenwärtig zu Recht ganz oben auf der gewerkschaftlichen Agenda steht, weil es elementar für die Durchsetzungsfähigkeit von Beschäftigteninteressen in Zukunft ist. Ganz nebenbei geht es hier auch um verbandspolitische Machtfragen - und zwar intern, was den DGB betrifft, als auch extern, was das konkurrierende Gewerkschaftsspektrum angeht. Erwartet hatte ich von dem Artikel Informationen über meine zugegebenermaßen bruchstückhaften Kenntnisse über den gewerkschaftlichen Diskussionsstand. Ich erfahre, dass sich drei DGB-Gewerkschaften (ver.di, NGG, GEW) gegen den Nahles-Entwurf zur Tarifeinheit wenden. Ich lese auch, dass der DGB-Vorsitzende sich im Grundsatz dafür ausgesprochen hat.

So what? Darf der das? Was hat der für ein Mandat? Gibt es eine Beschlussfassung des DGB-Bundesvorstandes, die der Position der drei Aufrechten in der DGB-Familie gegen den Nahles-Entwurf widerspricht? Wurden die drei überstimmt? Darüber erfährt die verdi-Mitgliedschaft nichts. Um sich ein Bild über die tatsächliche Situation zu machen, muss man sich die Informationen aus anderen Quellen holen. Dann weiß man, dass sich die IG Metall für den Nahles-Entwurf ausgesprochen hat, dass der DGB in dieser wichtigen Frage einer Zerreißprobe ausgesetzt ist. Dass die Situation äußerst dramatisch ist - bis hin zur Infragestellung des DGB als gemeinsamem Dach der großen Gewerkschaften. Darüber berichtet ver.di publik aber nicht. Warum werden relevante Fakten in dem Artikel weggelassen?

Versuch eines vorläufigen Resümees: Oberflächlich betrachtet, ist der Artikel über die Tarifeinheit mit seiner Informationsselektion albern und kindisch - man will halt sich selbst und den geneigten Lesenden keine komplizierteren Sachverhalte zumuten. Bei genauerer Betrachtung finden sich aber leider Spuren eines Selbstverständnisses von Journalismus, der an gezielte Manipulation des ND erinnert: nicht lügen, sondern Lenkung und Beeinflussung der Lesenden durch Weglassen. Manche nennen es auch Stalinismus.

Lothar Jansen, per E-Mail


Generelle Anmerkungen zur ver.di publik

Ich bin seit nun gut zwei Jahren ver.di-Mitglied und lese regelmäßig die ver.di publik. Ich schätze hierbei die Bandbreite an Informationen, allerdings war die publik auch schon häufiger Anlass, meine Mitgliedschaft bei ver.di in Zweifel zu ziehen. Wie heißt es so schön: Wahrheit ist die Synthese aus These und Antithese. Insofern ist es verständlich und folgerichtig, wenn die Redaktion die Position von ver.di zu aktuellen Themen aller Art darstellt und die jeweiligen Redaktionsmitglieder auch mit Herzblut dabei sind. Es kommt jedoch immer wieder vor, dass mich der Schreibstil von einzelnen Artikeln eher an Propagandaschriften aus Zeiten des Klassenkampfes im Kaiserreich erinnern als an eine sachliche Information zu einer ver.di-Position. Dies fällt mir besonders auf, wenn es um Tarifverhandlungen und Streikaktionen von ver.di geht. Ist das unbedingt notwendig? Ich denke, dass die Mehrheit der Mitglieder in der Lage ist, sich mit sachlichen Informationen ein Bild zu machen und entsprechend zu mobilisieren sind. Eine "Verkaufsshow" im Stile von vor mehr als 100 Jahren diskreditiert die eigentliche Intention. Was mir auch auffällt, ist, dass bei den Leserbriefen zumindest gefühlt sehr selten kritische Leserstimmen zu Artikeln mit aufgeführt sind, was bei jeder größeren Tageszeitung der Fall ist, und wenn, dann sind es meist Beiträge zu Nebensächlichkeiten, wie der Brief von Herrn Reiß aus der Ausgabe 07_2014 zum Thema Gender. Meiner Auffassung nach lebt eine Gewerkschaft auch von der lebhaften Diskussion der Mitglieder, und dies sollte durch die Gewerkschaftszeitung auch abgebildet werden. Andernfalls ist sie nur eine Kommunikationseinbahnstraße von der Gewerkschaftsführung.

Sebastian Fritz, Hügelsheim


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