Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (links) mit Bayerns DGB- Vorsitzendem Matthias Jena

Matthias Jena (53) hätte sich auch vorstellen können, evangelischer Theologe zu werden. Aber weil er sich für das Erlernen alter Sprachen nicht besonders begeistern konnte, kam es anders: Er studierte erst Sozialpädagogik, dann Politologie und nur im Nebenfach Psychologie und Theologie. 1991 - nach dem Studium und vier Jahren Beschäftigung als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Deutschen Bundestag - begann er als Gewerkschaftssekretär beim Deutschen Gewerkschaftsbund Bayern (DGB) und wurde 2010 zu dessen Vorsitzendem gewählt.

Ist das für einen, der in einem christlich geprägten Elternhaus aufgewachsen ist, dessen Mutter und Vater als Kirchenmusiker tätig waren und der sich selbst früh in der kirchlichen Jugendarbeit engagierte, nicht eher ein ungewöhnlicher Weg? Jena sieht das nicht so: "Bei vielen Themen sind Kirchen und Gewerkschaften nahe beieinander. Wenn es um Gerechtigkeit geht, um den Umgang mit den Menschen, die bei uns Asyl suchen, in unserer gemeinsamen Sorge über die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich in unserem Land und beim Kampf gegen Rechtsradikalismus." So wurde er bereits als Student aus Überzeugung Mitglied in einer Gewerkschaft.

Matthias Jena vertritt die Interessen von rund 800.000 bayerischen Gewerkschaftsmitgliedern im gesellschaftlichen und politischen Bereich. Er sitzt deshalb auch im Verwaltungsrat der AOK und im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks: "Wir mischen uns überall ein, um Verbesserungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu erreichen."

Konfliktfeld Mitbestimmung

Als erster Gewerkschafter überhaupt wurde Jena im Januar 2014 auch in die Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern berufen, das höchste Kirchengremium. Er wertet das als gutes Zeichen dafür, dass in den Kirchen das Thema "Arbeitswelt" zunehmend an Bedeutung gewinnt und die Einheitsgewerkschaft DGB als legitime Vertreterin der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anerkannt wird.

Andererseits übersieht er nicht, dass es einen heftigen Clinch mit den Kirchen als Arbeitgeber gibt. Diese wenden ein eigenes Arbeitsrecht an, den sogenannten Dritten Weg. Dabei handelt es sich um ein System, das es nur bei den Kirchen gibt und in dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer in internen Kommissionen über Löhne, Arbeitszeiten und andere Arbeitsbedingungen verhandeln. Gewerkschaften und Streiks sind nach Auffassung der Kirche dabei nicht erlaubt. Dass den in kirchlichen Einrichtungen wie Caritas und Diakonie Beschäftigten Mitbestimmungsrechte verweigert werden, will vor allem ver.di, in der sich die Mitarbeiter in kirchlichen Einrichtungen organisieren können, nicht akzeptieren. Schließlich beschäftigen die Kirchen nach dem Staat als Arbeitgeber die meisten Menschen.

Matthias Jena: "Da bin ich in erster Linie Gewerkschafter und habe eine klare Position. Das weiß die Synode." Er hat die Berufung in die Synode trotz der bestehenden Konflikte im Einvernehmen mit ver.di gerne angenommen: "Uns verbindet mehr, als uns trennt. Kirchen und Gewerkschaften treten für eine solidarische Gesellschaft, für Gerechtigkeit und Chancengleichheit ein. Und beide setzen sich für den Menschen ein, der mehr wert sein muss als das Kapital."

Eine gute Gesprächsebene mit den Kirchen sei auch erforderlich, weil die Gewerkschaften Verbündete bräuchten, um den Einfluss wirtschaftlicher Interessen und die Ideologie des Neoliberalismus zurückzudrängen. "Bei der Verteidigung des Ladenschlusses in Bayern hat uns das sehr geholfen."

Ernst Edhofer