DISKRIMINIERUNG

Warum eine Schreinermeisterin zu Recht auf gleiche Bezahlung klagt

Petra Welzel ist Redakteurin der ver.di publik

1200 Euro mehr - die hätte die Schreinermeisterin Edeltraud Walla auch gern. Nur will ihr Arbeitgeber, die Universität Stuttgart, sie ihr nicht zahlen. 1200 Euro mehr bekommt nur ihr Kollege, der genau die gleiche Arbeit leistet wie die Schreinermeisterin, im Gegensatz zu ihr aber keinen Meisterbrief vorweisen kann. Man muss weder Juristin noch Jurist sein, um zu erkennen, dass hier zweifelsohne ein Fall von Diskriminierung vorliegt. Und dennoch: Edeltraud Walla streitet - mit Unterstützung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft - seit 2009 vor Gericht für gleiche Behandlung und gleiche Bezahlung - und hat bis heute nicht Recht bekommen.

Der Fall stellt sich noch drastischer dar, wenn man in Betracht zieht, dass die Uni Stuttgart, die Arbeitgeberin, gar nicht bestreitet, dass beide Personen den gleichen Job machen. Aber sie redet sich damit heraus, dass der männliche Kollege zuvor eine höherwertige Arbeit verrichtet habe und deshalb übertariflich bezahlt worden sei. Und auf diese Vergütung habe er jetzt eben auch auf der geringerwertigen Stelle Anspruch. Oder, wie es im Personalsprech heißt: Er hat Anspruch auf Besitzstandswahrung. Mit Diskriminierung habe das nichts zu tun. Das Geschlecht spiele bei der Bezahlung überhaupt keine Rolle.

Das kann man nun juristisch drehen und wenden, wie man mag - und die bisher beteiligten Gerichte tun das auch -, klar ist: Hier wird einem Mann eine einfachere Arbeit zugewiesen, für die er immer noch dasselbe Geld bekommt wie für seine anspruchsvollere Tätigkeit zuvor. Einer Frau, zumal höher qualifiziert, wird eine gleichwertige Bezahlung verweigert. Wenn das keine Diskriminierung ist, dann werden wir auch in 100 Jahren noch eine Gehaltslücke von 23 Prozent zwischen Frauen und Männern haben. Es ist deshalb gut so, dass Frauen wie Edeltraud Walla, wenn nötig, bis vor den Europäischen Gerichtshof ziehen, um Recht zu bekommen, wo sie Recht haben. Denn 1200 Euro sind ganz sicher keine Bagatelle.

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