Jetzt wird's persönlich

Wie weit können ein Anzug aus zweiter Hand, ein paar gefälschte Visitenkarten und Pressemitteilungen einen bringen? Kurzfristig zumindest in die Vorstandsetagen großer Konzerne, von dort in die Abendnachrichten und die Schlagzeilen, aber, wenn es blöd läuft, auch ins Gefängnis. Das ist das Risiko, wenn man versucht, die Mächtigen bloßzustellen, wie es den Yes Men, der weltweit bekanntesten Spaßguerilla-Truppe, seit gut 15 Jahren immer wieder gelingt.

In Die Yes Men - Jetzt wird's persönlich wird die Arbeit der beiden Polit-Aktions-Künstler Jacques Servin und Igor Vamos nun schon zum dritten Mal in einem Film dokumentiert. Wieder ist der Zuschauer hautnah dabei, wenn die Yes Men und ihre Unterstützer skrupellose Umweltverschmutzer, neoliberale Krisen-Gewinnler und verantwortungslose Profiteure mit Humor und viel Schauspieltalent in Verlegenheit bringen. So stürzt der Aktienkurs des Chemie-Riesen Dow um drei Prozent ab, als ein angeblicher Firmensprecher im Fernsehen verkündet, das Unternehmen werde endlich die Verantwortung für das Bhopal-Unglück von 1984, immer noch die schlimmste Chemie-Katastrophe der Geschichte, übernehmen.

Der Abschluss der Yes-Men-Trilogie entwickelt aber, verglichen zu den ersten beiden Filmen, eine ganz neue Qualität: Erstmals stehen nicht die politischen Aktionen der beiden Protagonisten allein im Zentrum, sondern auch ihr Privatleben wird beleuchtet. So wird Servin über dem zeitfressenden Aktivismus von seinem Lebensgefährten verlassen, während Vamos Vater wird und sich zwischenzeitlich ins Privatleben zurückzieht. Auch die darüber entstehenden Spannungen zwischen den beiden werden nicht ausgespart.

Während sie also nun zum Klimagipfel nach Kopenhagen reisen oder in Uganda die Folgen der Erderwärmung studieren, erzählen Servin und Vamos aus dem Off von gescheiterten Beziehungen und einsamen Nächten, Frustrationen und Ängsten, die ein Leben als Polit-Aktivist mit sich bringt.

Das Ergebnis ist eine mitunter holprige, aber schlussendlich doch faszinierende Mixtur aus Propaganda-Film und Polit-Biografie. Die ebenso aufrüttelt wie nachdenklich stimmt, vor allem aber eine wichtige Botschaft verkündet: Politisches und gesellschaftliches Engagement ist nicht nur nötig und anstrengend, nervtötend und frustrierend, sondern kann trotzdem eine Menge Spaß machen. Thomas Winkler

Die Yes Men - Jetzt wird's persönlich - USA/D/F/NL/DÄ 2015, R: Laura Nix, 91 Min, Kinostart: 20. August 2015


Learning to Drive: Fahrstunden fürs Leben - Konstruiert wie eine Liebeskomödie, eine Irreführung. Wir beobachten abwechselnd das Leben einer top bezahlten Literaturkritikerin mit Ehekummer (Patricia Clarkson) und das eines legal eingewanderten Sikh-Akademikers als Taxifahrer und Fahrlehrer (Ben Kingsley). Ähnliche Themen - Maloche, Kohle, Gefühle - betreffen beide ganz unterschiedlich. Er lebt als Single in einer Mietskellerwohnung in Queens, die ihm als privates Auffanglager für verzweifelte, weil weniger legale Landsleute dient. Sie ist durch Scheidungsungerechtigkeiten gezwungen, ihr Familienstadthaus gegen eine todschicke Eigentumswohnung über den Dächern von Manhattan zu tauschen. Zwischendrin genießen beide seine sturen Fahrstunden für sie, die verwöhnte Frau in der Krise. Wenn die zwei doch nicht zusammenkommen, bricht es uns Zuschauern aber nicht das Herz. Denn sie haben sich gegenseitig Lektionen darin erteilt, vom Mitmenschen zu lernen. Ein Spielfilm, der nicht auf einem Roman basiert, sondern auf einem Artikel der US-Politikkolumnistin Katha Pollitt. Jutta Vahrson

USA 2014, R: Isabel Coixet. D: Patricia Clarkson, Ben Kingsley, Sarita Choudhury, Jake Weber, 90 Min., Kinostart: 6. August


Taxi Teheran - Ein Sammeltaxi unterwegs irgendwo in Teheran. Am Steuer sitzt der Filmemacher selbst, unter seinen Fahrgästen finden sich die unterschiedlichsten Typen: Ein Fundamentalist und eine Lehrerin streiten über die Todesstrafe, ein Cineast vertreibt verbotene Arthaus-Filme, eine Anwältin vertritt eine Hungerstreikende im Gefängnis. Dem oppositionellen Filmemacher gelingt es auf sehr kreative Weise, sich über sein Berufsverbot hinwegzusetzen. Mit einfachen Mittel und nahezu dokumentarisch erzählt er vom schwierigen Alltag in einer Diktatur. Es ist im Hinblick auf die aktuelle Debatte über den Islam der richtige Film zur richtigen Zeit, ein starkes Bekenntnis zur Freiheit der Kunst. Die wichtigste Rolle spielt Panahis kesse Nichte, auch sie ist sein Fahrgast. Das Mädchen soll mit einer Kleinkamera einen Kurzfilm für ein Schulprojekt drehen, natürlich nach islamischen Regeln, was bedeutet: keine politischen und wirtschaftlichen Themen, schon gar keine kritischen Töne. Taxi Teheran vermittelt mitnichten ein optimistisches Bild der iranischen Gesellschaft, aber dank subtilem Humor und leisem Zynismus verströmt die Studie eine wohltuende Leichtigkeit. Kirsten Liese

Iran 2014, R: Jafar Panahi. D: Jafar Panahi u.a., 82 Min., Verleih: Weltkino, Kinostart: 23. Juli