Alune Wade & Harld López-Nussa: Havana - Paris - Dakar - Warum fasziniert die afrokubanische Musik die Westafrikaner so sehr? Sie hören darin Echos ihrer eigenen afrikanischen Kultur, die durch die Nachfahren afrikanischer Sklaven in der neuen Welt vielfältigste Verästelungen hervorgebracht hat. Der glänzend aufgelegte senegalesische Bassist und Sänger Alune Wade zeigt im transatlantischen Bündnis mit dem brillanten kubanischen Pianisten Harold López-Nussa, wie groß und bereichernd die musikalische Schnittmenge ist, aus der sich schöpfen lässt. In ihrem ersten gemeinsamen Projekt erkunden sie ein weiträumiges Terrain aus Rumba, Cha-Cha-Cha, kapverdischer Morna, arabischem Raï-Klassiker und Song- Perlen aus der Feder von Afro-Stars wie Manu Dibango und Salif Keita. Zu ihrer vor Spielfreude überschäumenden Quintett-Formation stoßen illustre Gäste wie die kapverdische Sängerin Sara Tavares, der österreichische Gitarrist Wolfgang Muthspiel, der marokkanische Percussionist Aziz Sahmaoui und Mitglieder vom kubanischen Orquesta Aragón. Die perfekte Sommer-CD - leichtfüßig und unbeschwert, aber nicht ohne Tiefgang. Peter Rixen

CD, WORLD VILLAGE / HARMONIA MUNDI


Boy: We Were Here - Eigentlich ist es doch ganz einfach, einen Hit zu landen. Man braucht bloß gute Songs mit berückenden Melodien und dann noch jemanden, der singen kann wie ein Engel. Ja, so einfach ist das manchmal, genau so jedenfalls haben Boy vor vier Jahren mit ihrem Debütalbum Mutual Friends eine phantastische Erfolgsgeschichte geschrieben. Ohne Skandal, ohne Medienhype und ohne sich dem Zeitgeist an den Hals zu werfen, einfach nur mit Hilfe von guter Musik wurde das Hamburger Duo sogar im Ausland bekannt. Nun, mit ihrem zweiten Werk We Were Here werden Valeska Steiner und Sonja Glass, da muss man kein Prophet sein, diese Erfolgsgeschichte nahtlos fortsetzen: Denn schlauerweise haben die beiden nichts verändert. Der mit dezenter Elektronik ausgepolsterte, aber jederzeit watteweiche Sound zwischen Folk und Pop wirkt, als sei er in der Lage, Steine zum Schmelzen zu bringen. Noch besser: Die Songs und ihre Melodien scheinen in ihrer makellosen Schönheit tatsächlich direkt aus dem Himmel gefallen zu sein. Thomas Winkler

CD, GRÖNLAND / ROUGH TRADE


Gabi Delgado: 2 - Als wäre die Zeit stehen geblieben. Oder besser: Als würde die Zeit immer noch genau in jenem abgehackten Takt vergehen, mit dem die Deutsch-Amerikanische-Freundschaft einst ein ganzes Land schockierte. 34 Jahre nach Tanz den Mussolini legt DAF-Sänger Gabi Delgado-López mit 2 nicht nur vom Umfang her ein Monster von Platte vor. Eine Doppel-CD mit insgesamt 32 Tracks mit exakt derselben elektronischen Marschmusik, die damals das Techno-Zeitalter vorherahnte. Über gnadenlos stumpf pumpenden Beats wechseln sich S/M-Fantasien ab mit einem Loblied auf den Erdbeerkuchen. Mal fordert er eine "neue deutsche Clubmusik" ein, befiehlt dann martialisch "Zerstör die Disco", analysiert mit wenigen schneidigen Sätzen "die Lage der Nation" und stellt schließlich fest: "Sex und Drogen und Liebe machen glücklich." Erstaunlich ist, dass Delgados bisweilen indifferentes Spiel mit faschistischer Ästhetik, sexualisierten Metaphern und Party als Religionsersatz immer noch zu verunsichern und irritieren versteht. Und das ist immer noch das Größte, was Kunst leisten kann. Thomas Winkler

CD, OBLIVION / SPV