Nicola Joseph, Abenddienst und Leiterin des Vorderhauspersonals, Kulturfabrik Kampnagel, Hamburg

Als Abenddienst begleite ich die Zuschauer in der Kulturfabrik Kampnagel durch den Abend. Das können bis zu tausend Menschen sein, die sich die Theater-, Tanz- und Performance-Veranstaltungen anschauen, Konzerte und private Events besuchen. Meine Aufgaben sind organisatorisch: Ich stimme die Abläufe der Veranstaltungen aufeinander ab. Manchmal werden alle sieben Hallen gleichzeitig bespielt! Damit die Zuschauer einen schönen Abend verleben, muss alles möglichst reibungslos verlaufen. Dafür habe ich ein Team aus Mitarbeiterinnen, das Vorderhauspersonal. Sie kümmern sich um Einlass und Garderobe, weisen die Plätze zu und sind Ansprechpartnerinnen für das Publikum.

Ich bin die Brücke zwischen Künstlern, Technikern, künstlerischer Leitung und dem Vorderhauspersonal. Zu Beginn der Schicht sammle ich alle wesentlichen Informationen: Gibt es feste Sitzplätze oder freie Platzwahl? Ist der Einlass Teil der Inszenierung? Wann ist Pause? Starten zwei Stücke gleichzeitig, muss ich sie so koordinieren, dass alle Zuschauer rechtzeitig in der richtigen Veranstaltung auf den richtigen Plätzen sitzen. Alle Informationen gebe ich in einer kurzen Besprechung an die Mitarbeiterinnen weiter. Danach bin ich für fast jedes Problem vor der Bühne zuständig: Wenn ein Zuschauer sich beschweren möchte, wird er an mich verwiesen. Im Notfall leiste ich Erste Hilfe. Einmal wurde in einer Produktion mit so viel Nebel gearbeitet, dass die Rauchmelder Alarm ausgelöst haben und die Feuerwehr im Foyer stand. Da heißt es, einen klaren Kopf zu behalten und Ruhe, aber auch Autorität auszustrahlen.

Bevor die Vorstellung beginnt, begrüße ich die Zuschauer wie eine Gastgeberin über das Mikrophon und informiere über den Ablauf des Abends. Manchmal bekomme ich etwas von den Inszenierungen mit, doch meist bleibt es bis zum Schluss hektisch. Nach der letzten Vorstellung rechne ich Abendkasse und Garderobe ab, schließe das Geld in den Safe, schalte die Lichter aus und schließe alle Türen ab. Ich bin die letzte, die das Haus verlässt. Das ist mal um 23 Uhr, manchmal erst am nächsten Morgen. Meine Arbeitszeit ist flexibel. Im Juli haben wir geschlossen, sonst ist an jedem Tag Betrieb bei uns, auch zu Weihnachten und Silvester. Mein freier Tag ist der Montag, da nehme ich mir nichts vor und möchte nur meine Ruhe haben.

Ich liebe das Theater und die Theaterwelt. Kampnagel bietet eine riesige Vielfalt an Produktionen und ist sehr international. Auch mit der inhaltlichen Gestaltung und den politischen Aussagen des Hauses kann ich mich gut identifizieren. Das wiegt die Nachteile ein wenig auf: Denn obwohl meine Arbeit so komplex ist, wird sie, wie ich finde, nicht angemessen bezahlt. Deshalb habe ich meine Stundenzahl bei Kampnagel gekürzt und arbeite nun auch als Stage Managerin für ein Musical-Haus. Dort koordiniere ich die Abläufe auf und hinter der Bühne - und verdiene besser. Trotzdem: Kampnagel verlasse ich so bald nicht.

Protokoll: Michaela Ludwig

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