Capella de la Torre, Katharina Bäuml: Ciaonna

Seit zehn Jahren leitet Katharina Bäuml die Capella de la Torre, ein Ensemble, das auf Renaissance-Musik des 16. und 17. Jahrhunderts spezialisiert ist. Zum runden Jubiläum feiert die Capella mit einer Handvoll Gästen. Die Musiker spielen auf Schalmeien (nicht zu verwechseln mit den Schalmeien der Arbeiterbewegung!), den Vorläufern der heutigen Oboen. Hinzu kommen Sänger und weitere historische Instrumente wie Flöte, Laute, Posaune und Percussion. Damit belebt die Capella de la Torre die musikantische Tradition einer Epoche wieder, in der Stadtpfeifer als freie, improvisierende Musiker kreuz und quer durch Europa zogen. Dass diese Musik jedoch ganz und gar nicht veraltet ist, beweisen Bäuml & Co durch ihr modernes Konzept, in das sich auf verblüffend selbstverständliche Art ausgefuchste Jazz-Solisten wie der französische Tuba-Star Michel Godard und das Akkordeon-Genie Luciano Biondini integrieren. Sensationell, wie da auf einmal ein Stück des berühmten Renaissance-Komponisten Claudio Monteverdi (1567-1643) anfängt zu grooven. Alte Musik reloaded! Peter Rixen

CD, DEUTSCHE HARMONIA MUNDI / SONY


Alligatoah: Musik ist keine Lösung

Was haben Hannes Wader und Franz Josef Degenhardt gemeinsam? Richtig, den Beruf Liedermacher. Aber auch: einen Fan namens Lukas Strobel. Dessen Beruf wiederum ist Rapper. Als solcher nennt er sich Alligatoah und dürfte weltweit der einzige Sprechgesangskünstler sein, der altehrwürdige deutsche Polit-Reimschmiede als entscheidende Prägung angibt. Deren Einfluss ist auf seinem vierten Album allerdings kaum ein musikalischer: Statt spartanischer Akustikgitarren sind auf Musik ist keine Lösung mit viel Liebe zum Detail am Computer zusammengeschraubte Beats zwischen ernst gemeintem Kinderlied und ironischem Indie-Rock zu hören. Aber wie seine Vorbilder hat Alligatoah eine dezidiert linke Haltung und ein Themenspektrum, das weit über das der meisten seiner HipHop-Kollegen hinausreicht. Gelöst rappt der aus der niedersächsischen Provinz stammende Alligatoah über Liebe und Freundschaft, entspannt macht er sich lustig über Promi-Irrsinn und Schönheits-Wahn, Verschwörungstheoretiker, Muttersöhnchen und sogar die eigenen Anhänger. Ja, mit geschliffenem Wortwitz und viel Ironie nimmt er sogar dem Krebs seinen Schrecken. Das haben selbst Wader und Degenhardt nicht geschafft. Thomas Winkler

CD, TRAILERPARK/GROOVE ATTACK