Ausgabe 01/2016
Die Drei von der Müllabfuhr
Hier hat Sigrid die Männer mal im Griff. Der Personalrat des Münchner Abfallwirtschaftsbetriebs: Fritz Gattinger, Sigrid Pickhardt und Georg "Schorsch" Miller (v. li.)
München - Schon bei der Begrüßung im Personalratsbüro spürt man: Da sind drei Gesprächspartner, die sich untereinander richtig gut verstehen. Sie frotzeln mit- und übereinander, aber nicht verletzend, sondern liebevoll und wertschätzend. Und dabei lachen sie viel, nicht übereinander, sondern miteinander. Willkommen bei der Münchner Müllabfuhr. Auf die Frage, ob ihnen die Bezeichnung Abfallwirtschaftsbetrieb (AWM) lieber sei, antworten sie: Müllabfuhr sei für sie sogar ein Kompliment.
Sigrid Pickhardt ist die Vorsitzende des Personalrats. Der Betrieb hat 1.500 Beschäftigte, überwiegend Männer und "nur" 300 Frauen. Ob sie denn die Männer im Griff habe? Pickhardt winkt ab: "Nein, das würden die doch nie zulassen." Männer und Frauen, Frauen und Männer, das sei für sie ohnehin nicht das Thema. Um im gleichen Atemzug Fritz zu loben. Der Vorschlag, eigene Umkleidekabinen für die Frauen einzurichten, sei schließlich von ihm gekommen.
Fritz Gattinger, seit Juli 2015 freigestellter Personalrat, war 31 Jahre als Lader tätig. Und er ist stolz auf diesen Beruf. Als Lader musste er pro Tag rund 20 Kilometer laufen, dazu kamen das Tonnenziehen und das Heben.
Georg Miller, der dritte im Bunde, den alle nur als Schorsch kennen, lobt das Vertrauen der drei Freigestellten untereinander. Der Zusammenhalt hier sei schon etwas ganz Besonderes. Das sagt er mit sichtlicher Wehmut. Denn es ist nun seine letzte Amtsperiode im Personalrat. Im Juli 2016 wird er nicht mehr kandidieren - aus Altersgründen. Dass ihm der Abschied schwerfallen wird, ist ihm in diesem Moment deutlich anzumerken.
Ladedienst ist wie Marathontraining
Im Ladedienst der städtischen Müllabfuhr arbeiten inzwischen sechs Frauen. Auf die naive Frage, ob die das denn körperlich schaffen, kommt die Antwort zunächst in Form einer Gegenfrage: "Wie schaffen das die Krankenschwestern in einer Klinik?" Und schließlich: Männer, die im Ladedienst neu anfangen, bräuchten vier Wochen, bis sie an die harte körperliche Arbeit gewöhnt seien. Das sei wie ein Marathontraining. Die Kolleginnen hätten auch nicht länger gebraucht.
Bei einem anderen Thema werden alle drei dann sehr nachdenklich. Früher hätten bei der Müllabfuhr auch Leute aus schwierigen persönlichen Lebensverhältnissen einen Job gefunden. Das sei leider vorbei. Es gibt heute deutlich mehr Bewerbungen als offene Stellen, sogar Anfragen, ohne dass eine Ausschreibung stattgefunden hat. Viele, die aufgrund ihrer familiären Verhältnisse dringend einen Job bräuchten, fallen durch den Rost. "Das tut mir in der Seele weh, wenn ich das in Bewerbungsgesprächen miterleben muss", sagt Schorsch.
Spontan verabreden die drei Personalräte, eine politische Initiative zu starten. Die Stadt müsse als sozialer Arbeitgeber handeln, sie trage schließlich Verantwortung für die gesamte Stadtgemeinschaft. Der Abfallwirtschaftsbetrieb solle über Bedarf einstellen. Vor allem junge Leute aus problematischen Verhältnissen. Die Stadt müsse diese dann mit Integrationsmaßnahmen begleiten.
"Unser Erfolgsrezept ist die Teamarbeit. Teamarbeit unter uns freigestellten Personalräten, Teamarbeit im Personalratsgremium, Teamarbeit mit der Jugend- und Auszubildendenvertretung, Teamarbeit mit unserer Gewerkschaft ver.di und Teamarbeit mit unserem Gewerkschaftssekretär", so lautet das gemeinsame Fazit von Sigrid, Schorsch und Fritz. Auch in dieser Hinsicht sind die drei ein wirkliches Dreamteam.