Nur Fliegen ist schöner

Michel, im besten Midlife-Krisenalter, tritt in seinem Leben auf der Stelle: Die Kinder sind aus dem Haus, seinen Job kann er nicht sonderlich leiden, und auch Ehe und Freunde machen ihm keine Freude. Alles was ihm bleibt, sind seine Tagträume hin zu einem aufregenden Leben als Postflieger, und ab und zu ein Joint in der Mittagspause. Durch Zufall stößt er eines Tages auf das Bild eines Kayaks, und die Dinge nehmen ihren Lauf. Überraschend bereit- willig unterstützt ihn seine Frau bei dem Antritt einer ambitionierten, penibel geplanten Reise flussabwärts. Doch braucht er weder sein unseliges Outdoor-Equipment, noch muss er weit paddeln, denn gleich sein erster Stopp nimmt ihn gefangen. Ein kleines idyllisches Gartenbistro erweist sich als ein Ort fernab seiner Realität, ein Ort der Liebe, des französischen Sommers, des Absinths und schließlich auch als der Ort, an dem Michel beschließt, sein Leben zu verändern. Regisseur und Drehbuchautor Bruno Podalydès übernimmt die Hauptrolle selbst und lässt gemeinsam mit seiner eingespielten Filmfamilie einen leichten, von klimpernden Ukulelen und Chansons untermalten Sommerfilm entstehen, der einen von eigenen Abenteuern zu träumen beginnen lässt. Feline Mansch

F 2015, R: Bruno Podalydés; D: Bruno Podalydés, Sandrine Kiberlain, 105 Minuten, Kinostart: 19.Mai


Vor der Morgenröte

Eigentlich hatte Stefan Zweig großes Glück im Unglück: Noch rechtzeitig konnte er den Nazis, die seine Bücher verbrannten, entfliehen und musste sich im brasilianischen Exil dank eines unbefristeten Visums nicht um die Zukunft sorgen. Warum nur beging der berühmte Autor trotz solcher Privilegien Selbstmord? Maria Schrader nähert sich dieser viel diskutierten Frage komplex über vier Episoden aus den letzten Lebensjahren des Österreichers von 1936 bis 1942. Ihre Skizzen offenbaren ein von Ambivalenzen und Widersprüchen geprägtes Seelenleben: Zweig liebt das Land, das ihn so herzlich aufnimmt, und fühlt sich nach dem Verlust seiner Sprache doch wie ein Heimatloser. Konfrontiert ihn seine erste Ehefrau mit dem Elend von Kollegen und Freunden, die sich nicht vor Hitler in Sicherheit bringen konnten, plagt ihn ein schlechtes Gewissen, aber appellieren Journalisten an ihn, gegen Deutschland zu reden, lehnt der Intellektuelle ab, erscheint ihm doch "jede Widerstandsgeste, die kein Risiko in sich birgt und keine Wirkung tut, nichts als geltungssüchtig". Exquisite Schauspieler, von denen einige kleine Rollen zu ganz großen machen, und tropische Landschaften, in denen sich der Zwiespalt zwischen Fremdheit und paradiesischer Schönheit spiegelt, machen das leise Drama zu einem Meisterwerk. Kirsten Liese

D/ F/A 2016, R: Maria Schrader. D: Josef Hader, Barbara Sukowa, Mathias Brandt, Aenne Schwarz, u.a. 106 Minuten. Kinostart: 2. Juni


Whiskey Tango Foxtrott

Bekannt wurde sie im Ensemble der Comedy-Show Saturday Night Live, etwa mit Parodien auf die Politikerin Sarah Palin. Ihre Ironiebegabung verschaffte ihr den Job als erste weibliche Chefautorin dieser Show beim Sender NBC. Später kreierte sie die TV-Serie 30 Rock, in der sie auch als Darstellerin ihre Erlebnisse als Komödiantin nutzte. 2010 erhielt Tina Fey den Mark Twain Prize for American Humor. Jetzt überzeugt sie in einer ernsten Rolle. Fey spielt eine Fernsehjournalistin, die hinter den Kulissen recherchiert und schreibt, für die Kollegen vor der Kamera. 2002 trifft die Rezession den Sender. Kaum Chancen, diesen Arbeitsplatz zu halten. Der einzige Ausweg führt nach Kabul. Als Korrespondentin im Krisengebiet entdeckt sie ihren Hang zur Todesgefahr, die Taliban, Politikmachenschaften und die ansehnlichen Männer im Presselager. Im Lauf der Jahre und Attentate wird sie zum Adrenalin-Junkie. Diese Kinoadaption der Memoiren von Kriegsreporterin Kim Barker, The Taliban Shuffle, wagt die Verbindung von Terroranschlägen und Humor. Sehr sehenswert. Jutta Vahrson

USA 2016. R: Glen Ficarra, John Requa. D: Tina Fey, Billy Bob Thornton, Alfred Molina, Martin Freeman, Cherry Jones, Margot Robbie, 112 Minuten, Kinostart 2. Juni.