Ausgabe 04/2016
Musik
Badi Assad: Hatched
Wie auf Verde muss die begnadete Sängerin und Gitarristin nicht alle Lieder selbst schreiben, um einen unverwechselbaren Stil zu kreieren. Im Gegenteil. Die Brasilianerin covert - oder besser: interpretiert - mehr denn je. Alle Songs sind voller Lebenskraft und einzigartig melodiös. Diese Stücke sind für Badi Assad dazu bestimmt, sie in ihre Sprache zu transformieren und anders zu sein. Sie singt sie, als hätte sie selbst sie gerade erfunden. Jazzige Gitarrensounds fügt sie nahtlos ein in ihren südamerikanischen Musikkosmos, in dem Stücke von Mumford & Sons' Little Lion Man mit einem Bossa-Nova Anklang neben ihren eigenen stehen. Zur Coverversion von Strange des Dubstep-DJs Skrillex liefert ihre Freundin, die feurige Schlagzeugerin Simone Sou, wunderschöne Percussion bis hin zu tanzbaren Grooves. "Ich besitze die Freiheit, diese neue Entdeckung nach meinen eigenen Vorstellungen zu gestalten. Dieses Projekt ist mein Baby, welches gerade erst ,geschlüpft' ist. Geboren ist es in Brasilien mit rhythmischen Tendenzen, Harmonien und meiner persönlichen Note", sagt die 49-jährige Komponistin über ihr CrissCross-Album. Luitgard Koch
CD, O-Tone Music/Soulfood
Gregory Porter: Take Me To The Alley
Elitär oder populär? Was genau ist er nun, der Jazz? Seine Spannbreite ist enorm und bietet eigentlich für jeden etwas - von Old School bis Avantgarde. Eines aber gilt fast immer: Er ist etwas für Leute, die jenseits des Mainstreams nach etwas Unverwechselbarem suchen. Diese Unverwechselbarkeit bietet Sänger Gregory Porter keineswegs nur wegen seines äußeren Markenzeichens, der tief in die Stirn gezogenen Ballonmütze. Denn um es zum Grammy- und Echo-Preisträger zu bringen, muss einer schon etwas mehr draufhaben als ein originelles Outfit. Ohne Zugeständnisse an das zu machen, was gemeinhin als trendy gilt, präsentiert Porter wie schon auf seinen Vorgänger-CDs gefühlvolle Balladen und von Blues und Gospel inspirierte Songs mit sattem Bariton und wunderbar natürlichem Soul-Feeling. Großen Anteil daran hat Porters hervorragende, akustische Begleitband mit Trompete, Saxophon, Piano, Bass, und Drums. Dazu ist Gregory Porter einer, der stets bodenständig authentisch rüberkommt. In einer Welt gelackter Inszenierungen ist das etwas, vor dem man den Hut zieht. Peter Rixen
CD, Blue Note / Universal
Silly: Wutfänger
Es ist nicht einfach, eine Legende zu beerben. Aber Anna Loos hat es zweifellos geschafft, die verstorbene Tamara Danz zwar nicht vergessen zu machen, aber sich doch ein eigenständiges Profil zu ersingen. Der Schauspielerin gelingt es auch auf ihrem dritten Album als Silly-Sängerin, einen Mittelweg zu finden zwischen der im Osten Deutschlands kultisch verehrten Danz und einer persönlichen, aktuelleren Stimme. Musikalisch setzt der Silly-Pop immer noch auf Pomp und Pathos, aber inhaltlich versucht man mit Anna Loos in der Jetztzeit anzukommen und verlässt die von der Band entscheidend geprägte ostdeutsche Poptradition mit ihrer vor allem poetischen, metaphern- reichen, aber bisweilen auch zahnlosen Sprache. Im Titelsong setzt sich Loos, die nahezu alle Songs getextet hat, gar mit der aktuellsten politischen Lage auseinander. Ob der Neonazi, die Linksradikale oder der Islamist, so analysiert Loos, alle treibt sie die Perspektivlosigkeit ins ungute Wutbürgertum. Auch Gesellschafts-, Konsum- und Medienkritik übt Loos in anderen Songs überraschend unverblümt, und in Die Anderen bittet sie "alle Dummschwätzer und Schleimer" gar um einen letzten Gefallen: "Ihr könnt mich mal am A... A...". Thomas Winkler
CD, Island/ Universal