Wo geht‘s denn jetzt zu meinem Konto?

Bei den Sparkassen der Republik geht es derzeit turbulent zu. Allerorten, so auch in Hessen, ist von Umstrukturierung die Rede. Das kann Zusammenlegen von Filialen, Schließung oder neue Zweckbestimmung bedeuten. Als Ursache gilt das Online-Banking. Man hat ausgerechnet, dass nur noch rund die Hälfte der Kunden direkt in die Filiale kommt. Manchmal herrscht gähnende Leere, was auch für die Beschäftigten, die sich engagieren wollen, nicht so prickelnd ist. Hinzu kommt die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Das Kreditgeschäft war traditionell die wichtigste Einnahmequelle für die regional tätigen Geldhäuser. Heute laufen die Geschäfte nicht gut.

Öffentliche Aufgabe

Für Hessen gibt es keine verlässlichen Zahlen dazu, wie viele Filialen von einer Umstrukturierung betroffen sein werden. Das liegt daran, dass der Prozess uneinheitlich abläuft. In Kassel zum Beispiel steckt man noch in der Anfangsphase, in Marburg dagegen sind schon vier von 15 Filialen benannt worden, die betroffen sind - ein knappes Viertel also. Auf welch unsicherem Gelände man sich bewegt, drückte ein hessischer Personalrat so aus: "Nichts ist so wenig haltbar wie ein Vorstandsbeschluss des heutigen Tages." Das deutet darauf hin, dass es keine einheitliche Strategie gibt.

Die Schließung von Filialen ist aber nicht auf die Sparkassen beschränkt, sondern frisst sich auch durch die Privatbanken. Das ist aber natürlich kein Trost. Die Sparkassen haben einen anderen Auftrag als die Privatbanken. Sie wurden vor über hundert Jahren gegründet, um ärmeren Bevölkerungsschichten die Möglichkeit zu geben, ihr sauer Erspartes sicherer und sinnvoller aufzubewahren als im Strickstrumpf. Initiatoren waren die Kommunen oder auch Geschäftsleute vor Ort. Ziel sollte nicht in erster Linie der Gewinn sein. Aus ihrer Gründungsabsicht leitet sich für die Sparkassen eine öffentliche Aufgabe ab. Das schlägt sich bis heute nieder in den Verwaltungsräten, in denen Vertreter/innen der Kommunen und der Beschäftigten sitzen.

Die Verbundenheit mit ihren Regionen zeigt sich aber auch im öffentlichen Engagement der Sparkassen, wenn es um die Förderung von regionaler Kultur, Wissenschaft und Sportangeboten oder um soziale Zwecke geht. Dafür verwenden sie einen Teil ihrer Gewinne. Ein Alleinstellungsmerkmal der Sparkassen ist ihre programmatische Nähe zu den Kleinkunden und die Förderung der kleinen und mittelständischen Unternehmen. Da gibt es dann auch mal ein Schwätzchen über Dinge, die im Ort so passieren. Oder die Gelegenheit, individuell über einen Kredit zu sprechen. So ist es nicht verwunderlich, dass die Filialschließungen landauf, landab zu Protesten führen. Mit einem Geldautomaten kann man eben schlecht kommunizieren. Besonders in ländlichen Regionen, aber auch in verwaisten Stadtteilen müssen Kunden künftig weitere Wege in Kauf nehmen.

Auch die Gewerkschaften und die betrieblichen Interessenvertretungen sind zu diesem Thema gefragt. Lissy Schuchmann, Personalratsvorsitzende bei der Sparkasse Marburg-Biedenkopf, ist davon überzeugt, dass die Digitalisierung nicht aufzuhalten ist. Gleichzeitig bestehe aber die Aufgabe, sie so zu beeinflussen, dass die Arbeitsplätze sicher bleiben und human gestaltet sind. Dazu gehört, dass die Beschäftigten auf die neuen Aufgaben vorbereitet werden. Die Vorstände der Sparkassen beteuern, dass es keine Entlassungen geben werde. Die Stellen von ausscheidenden Beschäftigten werden allerdings nicht wieder besetzt. Somit vollzieht sich auch in diesem Bereich ein schleichender Arbeitsplatzabbau. Lissy Schuchmann: "Wir bleiben dennoch dem Auftrag der Sparkassen und den Belangen der Beschäftigten verpflichtet."

ver.di plant Forum

Zu einem Sparkassen-Forum lädt ver.di für Anfang Dezember nach Potsdam ein. Denn in "diesen Zeiten der rasanten Neuerungen und speziell durch die immer schnelleren Prozessänderungen bekommt die Interessenvertretung von Beschäftigten neue Dimensionen".