Ausgabe 07/2017
Spielerisch fördern
Uwe Häfker, 53 Jahre, Ergotherapeut in einer Kinder- und Jugendambulanz
Meine Arbeit ist toll. Ich trage dazu bei, Kinder zu fördern, die Hilfe nötig haben - wegen zeitweiser Entwicklungsstörungen oder wegen Behinderungen. Es gibt einen gesetzlichen Anspruch auf solche Frühförderung. In Berlin werden entsprechende medizinische und therapeutische Maßnahmen durch die Kinder- und Jugendambulanzen / Sozialpädiatrische Zentren (KJA / SPZ) erbracht. In einem solchen Zentrum arbeite ich mit anderen Fachleuten interdisziplinär zusammen. Wir sehen nicht nur einzelne funktionelle Defizite: Wenn ein Kind seine Stifte nicht richtig halten kann, ist das vielleicht kein bloßes Problem der Feinmotorik, sondern hat noch andere Ursachen.
Ich mache eine "aufsuchende Arbeit", wie wir sagen, arbeite also längst nicht nur in der durch die Ki.D.T. gGmbH getragenen Ambulanz, sondern auch in Kitas oder bei Familien. Mein Arbeitstag kann damit beginnen, dass ich vom Kinderarzt bei der Diagnose eines neuen Patienten hinzugezogen werde, zu Verhaltensbeobachtungen oder bestimmten Tests. Da geht es um den Therapieplan. Danach fahre ich in "meine" Kita in Charlottenburg-Wilmersdorf. Hier betreue ich sieben Kinder - meist einzeln, gelegentlich auch in der Gruppe. Zuvor rede ich mit den Erzieherinnen darüber, welche akuten Probleme oder Fortschritte sie sehen. Und dann hinein ins volle Kinderleben! Spielerisch versuche ich die Kinder zu fördern, etwa bei der Informationsaufnahme über die Sinne oder bei der Verarbeitung von Eindrücken. Das ist wichtig für die Entwicklung. Da können Rollenspiele helfen, aber auch einfache Materialien, selbst Papierknäuel oder Rasierschaum. Ziel ist, dass die Kinder Mut fassen, Erfolge spüren, erfahren, dass man Lösungswege ohne Angst durchstehen kann.
Druck kommt von außen
Gemeinsam mit einer Psychologin leite ich in unserer Ambulanz eine Gruppe, in der Grundschulkinder ihre sozialen und emotionalen Kompetenzen stärken können, indem sie eigene Emotionen und die anderer kennen- und damit umgehen lernen, Verständnis für Regeln entwickeln. Das kann den Dritt- und Viertklässlern helfen, in der Schule besser mitzuarbeiten. Zu meiner Tätigkeit gehört auch, mich mit Eltern über die Entwicklung ihrer Kinder auszutauschen, ich nehme an Helfer- und Schulkonferenzen teil. Ganz wichtig sind Teamgespräche mit meinen Kolleginnen und Kollegen - Heilpädagogen, Physio- und Musiktherapeuten oder Logopäden, die mit den Kinderärzten und Psychologen in unserem Zentrum arbeiten.
Wesentlich sind für mich faire Arbeitsbedingungen. Unser Haustarifvertrag führt uns schrittweise an den Tarifvertrag der Länder heran. Als Betriebsrat engagieren wir uns, um Gesundheitsgefährdungen am Arbeitsplatz vorzubeugen. Druck kommt vor allem von außen: Die Kostenträger, Krankenkassen und die zuständige Senatsverwaltung, fordern mehr Leistung im gleichen Zeitraum. Die Arbeitsverdichtung, der Zwiespalt zwischen kostendeckender und fachlich guter Arbeit belasten uns. Dass der Bedarf wächst, zeigen auch unsere Wartezeiten. Ein halbes bis ein dreiviertel Jahr dauert es, bevor Eltern mit ihrem zu uns überwiesenen Kind erstmals kommen können.
Protokoll: Helma Nehrlich