26. Januar 2018: eine weitere Demonstration gegen die neue rechte Regierung in Österreich

Seit Mitte Dezember hat Österreich eine neue Regierung. Die konservative Volkspartei (ÖVP) und die extrem rechte Freiheitliche Partei (FPÖ) hatten sich kurz vor Weihnachten nach zwei Monate andauernden Verhandlungen auf ein Programm geeinigt, mit dem sie das Land während der kommenden fünf Jahre umbauen wollen. Für Beschäftigte und Arbeitslose werden die geplanten Maßnahmen negative Veränderungen mit sich bringen.

Bereits während des Wahlkampfes im Sommer hatten der ÖVP-Chef und nunmehrige Kanzler Sebastian Kurz wie auch dessen Vizekanzler, FPÖ-Chef Heinz Christian Strache, angekündigt, dass sie sich für eine "Flexibilisierung" der Arbeitszeit einsetzen werden. Dies ist seit Jahren ein Streitthema zwischen den Sozialpartnern. Unternehmerverbände und Industriellenvereinigung fordern schon lange eine Aufhebung der bestehenden Arbeits- und Ruhezeitbestimmungen sowie eine Änderung der damit verbundenen Überstundenregelungen. Gewerkschaften und die Kammer für Arbeiter und Angestellte (AK), die gesetzliche Interessenvertretung aller in Österreich Beschäftigten, wiesen hingegen stets auf bereits bestehende Ausnahmen hin.

12-Stundentag, 60-Stundenwoche

Künftig soll jedoch die Ausnahme zur Regel werden. Die ÖVP-FPÖ-Koalition plant die Einführung des 12-Stundentages und der 60-Stundenwoche. An der bisher geltenden gesetzlichen Normalarbeitszeit von acht Stunden pro Tag beziehungsweise 40 Stunden pro Woche soll sich aber nichts ändern. Künftig sollen Beschäftigte "Zeitguthaben" erarbeiten, die von den Unternehmern über mehrere Jahre weitergerechnet werden können, bevor sie Überstundenzuschläge auszahlen. Bestehende Überstundenregelungen werden damit ausgehöhlt. Verlängerte Arbeitszeiten sollen zudem auf Betriebsebene ausgehandelt werden. Sofern es keinen Betriebsrat gibt, wird dies direkt zwischen Beschäftigten und Unternehmern passieren, was die Verhandlungsmacht der Beschäftigten schwächt.

Österreichs Gewerkschaften lehnen diese Vorhaben ab und kündigten bereits mehrfach an, gegebenenfalls gewerkschaftliche Maßnahmen zu ergreifen, sollten sie tatsächlich umgesetzt werden. "Die Pläne der Regierung in punkto Arbeitszeit sind kein Zukunftskonzept, sondern bedeuten Lohnraub und einseitige Verschlechterungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer", kommentiert etwa der Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp), Wolfgang Katzian, das Regierungsprogramm.

Intensiv diskutiert wurde in Österreich in den Wochen nach der Vereidigung der Koalition der geplante Umbau der sozialen Sicherungssysteme. Im Regierungsprogramm ist die Rede von einer "Neuausrichtung und Weiterentwicklung von Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und Bedarfsorientierter Mindestsicherung". Wie dies genau aussehen wird, ist derzeit noch unklar. Bisherige Stellungnahmen von Regierungsmitgliedern weisen indes in Richtung einer Integration der "Notstandshilfe" in die "Bedarfsorientierte Mindestsicherung". Die reguläre Arbeitslosenhilfe kann in Österreich derzeit maximal ein Jahr lang bezogen werden. Länger beschäftigungslose Personen bekommen anschließend die Notstandshilfe, die immer wieder neu beantragt werden kann. Künftig soll diese Unterstützung mit der "Mindestsicherung" zusammengeführt werden.

Diese Leistung wurde für Personen geschaffen, die keinen Anspruch auf andere Unterstützung haben. Dementsprechend restriktiv sind die Voraussetzungen für den Bezug der "Mindestsicherung". Vorhandenes Vermögen muss bis zu einem Betrag von etwa 4.200 Euro aufgebraucht werden. Zudem werden alle auch noch so geringen Einkünfte mit der "Mindestsicherung" gegengerechnet.

Alles deutet also darauf hin, dass für Langzeitarbeitslose ein System eingerichtet werden soll, das ähnlich funktioniert wie das bundesdeutsche Hartz-IV-Modell. Die längerfristigen gesellschaftlichen Auswirkungen dieses radikalen Umbaus sind nicht abschätzbar - entsprechende Erfahrungswerte aus der Bundesrepublik (Stichworte: Zunahme von Armut und Lohndumping) werden von den österreichischen Regierungspolitikern ignoriert. Gegenstück wiederum zu den Kürzungen und Verschärfungen für Beschäftigte und Bezieher/innen von Sozialleistungen sind Erleichterungen für Unternehmer. Die Rechtsregierung plant eine weitere Senkung der Körperschaftssteuer, eine niedrigere Umsatzsteuer für Übernachtungen im Tourismus sowie eine "deutliche Senkung der Lohnnebenkosten" - die Beiträge der Unternehmer zur Sozialversicherung werden also sinken. Einzelne Arbeitsschutzbestimmungen sollen unter dem Schlagwort "Bürokratieabbau" aufgehoben werden. Erklärtes Ziel von ÖVP und FPÖ ist eine Reduktion der Steuer- und Abgabenquote von rund 43 auf 40 Prozent.

Experten wie der Ökonom Stephan Schulmeister haben wiederholt öffentlich darauf hingewiesen, dass derartige Senkungen stets zulasten von Menschen mit geringem Einkommen gehen. Diese zahlen keine Steuern und kommen deshalb nicht in den Genuss der von der Regierung versprochenen "Entlastungen". Gleichzeitig sind Menschen mit wenig oder keinem Einkommen aber auf jene staatlichen Leistungen angewiesen, die ÖVP und FPÖ kürzen wollen, um ihr Einsparungsziel zu erreichen.