Fatoumata Diawara: Fenfo

Dass sich Traditionelles und Modernes ausschließen, ist eine eher westliche Betrachtungsweise. Afrikanische Musiker sehen das anders. Für sie existiert die Musik in einem Kontinuum, das alle Stile und Zeiten einschließt. Ein aktuelles Beispiel dafür liefert Fatoumata Diawara. Die Sängerin und Gitarristin aus Mali verkörpert ein neues, selbstbewusstes Afrika, dessen Populärmusik sich nicht nur mit derjenigen westlicher Machart messen kann, sondern etwas hinzufügt, das im internationalen Pop selten ist. Denn Fatoumata Diawaras Musik auf Basis des Mali Blues klingt durch E-Gitarre und Keyboards modern und groovt. Zugleich unterstreicht die Verwendung traditioneller westafrikanischer Percussion und Instrumente wie der Laute Ngoni und der Harfe Kora Diawaras Stolz auf ihr afrikanisches Erbe, auf musikalische Wurzeln, die seit Generationen weitergereicht werden. Den Albumtitel Fenfo sollte man so verstehen, dass Diawara „etwas zu sagen“ hat. Sie tut das in der klangvollen Sprache Bambara und verstärkt damit das gute Gefühl, das ihre neue CD versprüht. Peter Rixen

CD, MONTUNO


Lykke Li: So Sad So Sexy

Manche Menschen haben‘s echt schwer. Die kommen aus dem schicksten Sozialstaat der Welt, werden in eine polyglotte Familie hineingeboren, verbringen ihre Winter in Portugal oder Indien, haben in jungen Jahren schon einen Riesenerfolg und sehen auch noch hinreißend aus. Seit die Schwedin Li Lykke Timotej Svensson Zachrisson unter ihrem verkürzten Namen Lykke Li mit I Follow Rivers 2011 in halb Europa die Hitlisten eroberte, litt sie unter dem frühen Ruhm. Und arbeitete an gegen das Vorurteil, sie sei nur ein Popsternchen. Nimmt man ihr neues, viertes Album zum Maßstab, scheint sie sich nun, im Alter von mittlerweile 32 Jahren, etwas entspannt zu haben: So Sad So Sexy trödelt dahin wie ein netter Tag im Wellness-Bereich deines liebsten Luxushotels. Die Stimmung ist gedämpft, die Melodien wohlig warm, die Synthies kuschelig wie ein edler Bademantel und da hinten steht das Zitronenwasser zur Belebung: Zwar durchziehen Dance-Beats das Album, aber man möchte sich doch eher verträumt im Takt wiegen. Doch, der Albumtitel stimmt schon: So traurig, so sexy. Thomas Winkler

CD, LL RECORDINGS / SONYMUSIC


Father John Misty: God‘s Favorite Customer

Ennui nennt es der Franzose, wenn ihm dermaßen öde ist, dass er ständig darüber nachdenken muss, warum das so sein könnte. Die Folge davon ist oft das, was wiederum der Deutsche „Weltschmerz“ getauft hat. Ein Ennui-bedingtes Weltschmerz-Opfer ist Josh Tillman, der sich wiederum Father John Misty nennt. Einst bei den Fleet Foxes Teil eines jauchzenden Harmoniekollektivs aus Männerstimmen, versinkt Father John als Solist auch auf seinem vierten Album in ein Lamento, das aber in orchestrale Americana, eine Art High-End-Country verpackt ist. Wenn gewöhnlicher Nashville-Country ein Pick-Up-Truck ist, dann ist dieses Album ein Bentley: Klassische Eleganz im Vergleich zur überbordenden Üppigkeit des gefeierten Vorgängeralbums Pure Comedy von 2017. Aber auch für das neue Werk gilt: Selten klangen Leid an der Welt und in Zynismus verwandelter Schmerz so elegant und eingängig. Man höre nur, wie Father John Misty in Mr. Tillman sein bürgerliches Ich auseinander nimmt, während die allerschönsten Chöre jubilieren. Eine Beerdigung. Aber allererster Klasse. Thomas Winkler

CD, BELLA UNIO / PIAS COOPERATIVE / ROUGH