Bilder-Welt

Eine junge Frau steht und eine ältere Frau sitzt auf einem Trümmerhaufen aus Ziegelsteinen. Sie blicken beide in die Kamera, sind dabei aber voneinander abgewendet. Es sind Beatrice und ihre Tochter Clementine, fotografiert am 19. Juni 2018 in Kigali. Beatrice ist eine von 250.000 Frauen in Ruanda, die 1994 während der vier Monate, die der Völkermord in dem ostafrikanischen Land andauerte, vergewaltigt wurden. Dem Genozid fielen damals fast eine Million Menschen zum Opfer. Doch Beatrice überlebte, wie viele andere misshandelte Frauen. Und wie viele der anderen Frauen auch, bemerkte sie schon bald, dass sie schwanger war. Olaf Heine, der normalerweise Bands wie Rammstein und andere Musiker*innen porträtiert, will mit seinen Bildern von Beatrice und Clementine und anderen Müttern und ihren Töchtern aus Ruanda eine Geschichte sichtbar machen, die nach kriegerischen Auseinandersetzungen immer wieder verdrängt wird: das Grauen der Vergewaltigungen. 77 Frauen mit ihren Kindern, allermeistens Töchtern, deren Väter Vergewaltiger sind, hat Heine dafür innerhalb von zwei Jahren fotografiert. Es sind Porträts von Frauen, die Frieden miteinander geschlossen haben, aber auch Porträts wie das von Beatrice und ihrer Tochter, die scheinbar nur für dieses Bild auf den Trümmern ihrer Geschichte zusammengefunden haben. Der Bildband von Olaf Heine, der in Zusammenarbeit mit der Ora Kinderhilfe entstanden ist, ist 25 Jahre nach dem Völkermord in Ruanda ein eindrückliches und berührendes Testimonial. Petra Welzel

Olaf Heine, Rwandan Daughters – Ruandas Töchter, Englisch, Deutsch, Verlag Hatje Cantz 2019, 208 Seiten, 70 Abb., gebunden, 54 €, ISBN 978-3-7757-4547-5

Einen Teil des Erlöses aus dem Verkauf der Bücher spendet Hatje Cantz den betroffenen Müttern und Töchtern in Ruanda.