ver.di publik 3_2019

Von Ihrem Wahlaufruf bin ich als ver.di-Mitglied und Linker einigermaßen irritiert. Einerseits plädieren Sie für ein Mehr an Miteinander, sozialer Orientierung und eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen in Europa. Das sind schöne Worte, die wohl fast jede*r unterschreiben könnte. Aber argumentieren Sie nicht andererseits selbst nationalistisch und marktkonform, wenn Sie die billigen Exporte loben, die der Euro den deutschen Exporteuren ermöglicht? Das Problem ist doch, dass die deutsche Wirtschaft viel zu „wettbewerbsfähig“ ist (nämlich auf dem Rücken des sogenannten „besten Niedriglohnsektors Europas“) und deutsche Exporte zu billig. Die deutschen Exportüberschüsse bedeuten zerstörerische Handelsdefizite für andere Staaten der Euro-Zone, die beim Rattenrennen um den effektivsten sozialen Kahlschlag nicht mithalten können oder wollen. Was sagen wohl die Kolleg*innen aus Frankreich, Spanien, Italien oder Griechenland zu den Segnungen deutscher Exportüberschüsse? Europäische Solidarität sollte die Sicht der wirtschaftlich Schwachen in ganz Europa vertreten, statt auf Wettbewerbsvorteile für die deutsche Wirtschaft zu schielen. In Ihrem Wahlaufruf zählen Sie daneben wichtige aktuelle Probleme in der EU auf, und da stimme ich Ihnen zu. Gewerkschaften sollten sich allerdings auch bewusst werden, dass EU und Euro bereits an sich kapitalistische Konstrukte sind, die vorrangig den Interessen der Wirtschaft und der weltweiten Ausbeutung von Arbeitnehmer*innen dienen. Sie sind in den Verträgen von Maastricht, Lissabon, dem Stabilitätspakt usw. so angelegt worden. Diese Grundlagen sind aber weder gottgegeben noch alternativlos. Erst wenn sie aufgebrochen werden, kann der Kampf für ein wirklich gemeinschaftliches, soziales Europa beginnen.

Sebastian Rathmann, Hannover


Brennpunkt „Teuer dazwischengefunkt“

ver.di publik 3_2019

Der Mobilfunk-Artikel war informativ, lässt aber wichtige Aspekte außen vor. Während der Öffentlichkeit das superschnelle Downloaden von Kinofilmen und anderer Schnickschnack angepriesen wird, soll 5G zuvorderst für die Industrie und ihre Produktionsoptimierung eingesetzt werden. Damit sollen Produktionsprozesse künftig in Jetztzeit gesteuert werden. Die Firmen können mit 5G teure betriebsinterne Festnetz-Infrastruktur sparen und räumlich verteilte Produktionsstandorte online einbinden. Deshalb wird es ihnen auch erlaubt, eigene 5G-Netze aufzubauen – wovor sich die Mobilfunkfirmen fürchten, da ihnen damit wichtige Einnahmen zur Refinanzierung der teuren Investition entgehen könnten. Bezahlen darf dann den Ausbau der Otto-Normalverbraucher mit hohen Mobilfunktarifen. Verschwiegen wird der massive Aufwand für ein 5G-Netz, gerechnet wird mit einer Million neuer Antennen, da die Reichweite gering ist. Dazu würde ein hoher Milliardenaufwand für die Investition fällig, sollte 5G flächendeckend ausgebaut werden. Das wird aber auf absehbare Zeit nicht geschehen. Leider völlig unberücksichtigt lässt der Artikel zwei weitere Aspekte: Welche Rationalisierungs- und Dequalifizierungsfolgen wird die Online-Produktionssteuerung auf Arbeitsplätze haben? Auch die gesundheitlichen Risiken des Mobilfunks werden nicht behandelt.

Mittlerweile haben Städte wie etwa Genf einen Ausbaustopp verfügt. Da der Ausbau vor allem in den Ballungsräumen vorgenommen wird, kommen dort zigtausende neue Sendeanlagen hinzu – und niemand kennt die Folgen.

Philippe Ressing, per E-Mail


Zum Leserbrief von Reinhold Jenders

ver.di publik 3_2019

Vielleicht sollten wir die Zahl der Abgeordneten nicht weiter erhöhen, sondern absenken, künftig im Umfang von 25 Prozent auch abhängig oder geringfügig Beschäftigte zwingend auf aussichtsreiche Listenplätze setzen, für männliche Abgeordnete die Diäten wegen der immer noch geringeren Frauenentlohnung pauschal um 20 Prozent absenken sowie mindestens zwei Abgeordnete der Regierungsfraktionen an allen Kriegseinsätzen der Bundeswehr ganz vorne teilnehmen lassen. Wie sonst sollen sie den Kontakt zu jenem Leben behalten, das sie für uns gestalten, ohne dabei für sich selbst jemals ein Risiko einzugehen?

Klaus Landahl, ver.di/VS


Zu den Leserbriefen „Gendergerechte Ansprache in ver.di Publikationen“

ver.di publik 3_2019

Gleich vier Briefe zum Thema Gendersprache haben zum Inhalt, das doch in der ver.di publik zu unterlassen. Amüsant und bezeichnend ist, dass sie alle von Männern verfasst wurden. Ich greife mir an den Kopf.

Monika Bootz, Karben

Liebe Kolleg*innen, die vier Schreiber der Leserbriefe scheinen den Sinn der geschlechtsneutralen Personenbezeichnungen nicht verstanden zu haben. Nehmen wir als alternative Bezeichnung aus dem Tierreich den Oberbegriff „Vogel“: Jede/r denkt bei dessen Erwähnung an eine Amsel, Meise, Schwalbe usw., aber wohl kaum an einen Geier oder Storch, obwohl auch diese Arten den Vögeln zuzurechnen sind.

Lesen oder hören wir das generische Maskulinum, werden unbewusst unsere Vorstellungen auf Männer gelenkt. D. h. Frauen und ihre Leistungen werden unsichtbar gemacht. Des Weiteren müssen wir bedenken, dass nicht jeder Mensch aufgrund seiner Geschlechtsmerkmale in das Raster Frau oder Mann fällt. Um in dieser Hinsicht alle Menschen geschlechtsneutral anzusprechen, wurde das Gendersternchen kreiert.

Herbert Scholle, per E-Mail

Liebe ver.di-Menschen, herzlichen Dank für die Verwendung des Gendersternchens! Stolpert doch gerne alle und immer wieder über die Erinnerung daran, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt!

Till Flo Krapoth, Paderborn

Liebe Redakteur*innen, bitte behaltet das Gendersternchen bei. Ich finde, dass es den Lesefluss überhaupt nicht stört. Ich lese einfach darüber hinweg. Die Schreibweise z. B. „Kolleginnen und Kollegen“ stört meinen persönlichen Lesefluss erheblich mehr und zudem werden bei dieser Schreibweise ja gerade diverse Menschen eben nicht berücksichtigt. An dieser Stelle noch ein großes Kompliment zu eurer Kulturbeutel-Seite. Ich finde dort immer mindestens eine passende Anregung für mich oder andere. Und insgesamt: Weiter so!

Sebastian Dann, Buchenbach

Einige Leser*innen beschwerten sich über das Gendersternchen. Ich bin weder Mann noch Frau. Ich möchte auch angesprochen werden und einen Platz in der Diskussion um Gewerkschaftsarbeit haben. Das ist weder dumm, noch stört es: Das ist einfach inklusiv und fair, und beides soll doch Gewerkschaft sein.

Sheeva Steinfeldt, per E-Mail


Thema „Gut beraten“

ver.di publik Spezial Migration 3_2019

Ich bin eines von vielen ver.di-Mitgliedern, das wie Meral Dogan, die Ihr auf M4 porträtiert, in der Migrationsberatung bei einem Wohlfahrtsverband arbeitet. Wir sind viele, bei denen Geflüchtete und Menschen aus anderen Ländern gut beraten sind, und die mit Rat und Tat und hohem Engagement unterstützen.In Berlin haben wir bei der AWO in den Arbeitskämpfen der vergangenen Jahre viele Kolleg*innen aus diesem Bereich neu als Mitglieder gewinnen können, einige von uns übernehmen auch ehrenamtliche Funktionen bei ver.di. Es ist dann nur schade, wenn in Artikeln wie dem auf Seite M2 so getan wird, als gäbe es fast nur gewerkschaftliche Beratungsstellen, die hier zur Seite stehen. Hier wird von beiden Seiten eine Konkurrenz aufgemacht, die der Sache nicht dienlich ist.

Wir alle machen hervorragende und wichtige Arbeit und benötigen mehr politische Unterstützung.

Dirk Heinke, per E-Mail


Thema „Wem gehört die Stadt?“

ver.di publik 3_2019

Zur Bildunterschrift auf Seite 9 „Vom Miethai bis zur Melkkuh...“ kann ich noch eine weitere Spezies beitragen: Die Miethaischrecke!

Konrad Siess, per Email


Interview „Denkfehler eingestehen“

ver.di publik 3_2019

Zunächst Dank für das Interview mit Herrn Schulmeister. Nun meine Anregung: Die Interviewerin hätte stringenter die Lösungspunkte „herauskitzeln“ sollen, denn ohne genaue Darstellung dessen, was zu machen wäre, ist das nur ein weiterer Aufreger im Blätterwald, wenn auch ein sehr interessanter. Denn es waren sicher gar keine Denkfehler, die den Neoliberalismus haben so mächtig werden lassen; ich denke, dass dahinter handfeste Interessen der Lobby-Gruppen und ihrer politischen Sachverwalter gestanden haben und immer noch stehen. Alles Gute für uns nicht raffgierigen Mitbürger*innen wünscht

Wolfgang Maeser, per E-Mail

Herr Schulmeister wirbt für die energetische Sanierung des kompletten Wohnungsbestandes. So würden Millionen Arbeitsplätze geschaffen und auf Seite 9 berichten Sie von Menschen, denen die „eigenen vier Wände“ zu teuer geworden sind. Wer soll das bezahlen, wenn nicht Mieter und Eigentümer? Warum sind denn die Wohnungen zu teuer geworden? Das ist doch genau dann der Fall, wenn die Wohnungsunternehmen die von Politik und Medien geforderten energetischen Sanierungen durchführen. Hohe Wohnkosten werden in der gleichen Zeitung auf Seite 9 beklagt. Also da hätte ich mir gewünscht, dass Sie beim Herrn Schulmeister nachhaken, denn die Überschrift „Denkfehler eingestehen“ provoziert bei diesem Thema aus meiner Sicht. Wir haben in unserer Genossenschaft die energetische Sanierung besprochen und sind zum Schluss gekommen, dass die Umlage der Modernisierungskosten die etwaigen Einsparungen bei der Energie erheblich übersteigen würde.

Falk Anegg, Stuttgart


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