Viele Beschäftigte unterstützten die ver.di-Aktionen während der Tarifrunde bei Bäderland

Sie sorgen für Sicherheit und Sauberkeit im Schwimmbad, bringen Kindern und Erwachsenen das Schwimmen bei und beraten bei der Kursauswahl: Die Beschäftigten von Bäderland sind echte Allrounder. Ohne sie würde in Hamburg eine wichtige Sport- und Freizeiteinrichtung fehlen. 28 Anlagen betreibt Bäderland in der Hansestadt, darunter sechs Freibäder und 20 Schwimmbäder, zum Teil mit Außen- und/oder Wellnessanlagen, verteilt über das gesamte Stadtgebiet. Auch das Schwimmleistungszentrum mit Olympiastützpunkt und die Eissporthalle in Farmsen gehören dazu. Rund 4,2 Millionen Besucher*innen nutzten die Angebote im vergangenen Jahr.

Für die Menschen in der Stadt hat Bäderland eine hohe Bedeutung. Doch das findet keinen Niederschlag in der Höhe der Einkommen der rund 420 Beschäftigten. Im Hamburger Umland, zum Beispiel in Norderstedt oder Buxtehude, verdienen die Badbeschäftigten bei gleicher Tätigkeit bis zu 500 Euro im Monat mehr, Badleiter*innen sogar bis zu 1.000 Euro. Das führt in Hamburg, einer Stadt mit hohen Lebenshaltungskosten, dazu, dass Bewerber*innen sich eher für eine Stelle im Umland entscheiden. Mittlerweile ist der Personalmangel zu einer echten Belastung für die verbliebenen Beschäftigten geworden.

Zu Beginn der Freibadsaison hatte Bäderland beispielsweise nur etwa die Hälfte der notwendigen 60 Kräfte für die Freibadsaison gefunden. „Bei uns herrscht richtig Alarm am Beckenrand“, beschreibt der Betriebsratsvorsitzende Horst-Hermann Schultz die Folgen, „oftmals wissen die verantwortlichen Beschäftigten in den Bädern am Morgen nicht, ob ausreichend Personal zur Verfügung steht, um die Sicherheit und Hygiene zu gewährleisten.“

Stefanie Stiller, Meisterin für Bäderbetrieb und Mitglied der ver.di-Verhandlungskommission, sagt: „Selbst die einfachste Lebensplanung, zum Beispiel wenn es um den Abbau von Überstunden und Wunschtermine für freie Tage geht, funktioniert wegen des Personalmangels häufig nicht.“

Nach dem Willen der ver.di-Tarifkommission sollte sich das mit dieser Tarifrunde ändern. Sie forderte nicht nur ein deutliches Gehaltsplus, sondern auch Verbesserungen im 13 Jahre alten Rahmentarifvertrag (RTV). Angesichts des anhaltenden Personalmangels wäre ein zumindest teilweises Entgegenkommen des Arbeitgebers nicht überraschend gewesen, doch wer darauf hoffte, wurde enttäuscht. Die Geschäftsführung bot in der ersten Verhandlungsrunde eine Erhöhung der Gehälter in zwei Schritten um 3,0 und 2,5 Prozent bei einer Laufzeit von 30 Monaten an. Noch weiter lagen Arbeitnehmer*innen und Geschäftsführung beim RTV auseinander.

„Eine leistungsgerechte Bezahlung kann einen grundlegenden Beitrag gegen den Personalmangel leisten. Hier ist auch die Stadt Hamburg in der Pflicht, in ihrem kommunalen Bäderbetrieb für branchenübliche Vergütung zu sorgen“, sagt ver.di-Verhandlungsführer Ole Borgard. Auf diesen Zusammenhang wies die ver.di-Tarifkommission bei der feierlichen Eröffnung des Familienbades Ohlsdorf hin. Sie hielt vor dem Bad eine Tarifkommissionssitzung unter freiem Himmel ab und machte auf ihr Anliegen aufmerksam.

Prämie zog nicht

Es waren schließlich noch zwei Streiktage nötig, bis es Ende Juli zu einem Verhandlungsergebnis kam. Während der Streiks hatte der Arbeitgeber versucht, die Belegschaft zu spalten. Er bot Streikbrecher*innen eine Prämie von 150 Euro. Doch der Versuch misslang, der Arbeitgeber erreichte das Gegenteil: Die Zahl der ver.di-Mitglieder und die Streikbereitschaft sind weiter gewachsen.

Ole Borgard bezeichnete das Angebot einer Streikbruch-Prämie als „ Ausdruck von purer Verzweiflung“. Für ein öffentliches Unternehmen sei das beschämend. Doch das nach sechs Verhandlungsrunden erreichte Ergebnis sei „ansehnlich“. Danach erhalten die Beschäftigten, besonders in den unteren Gehaltsstufen, eine deutliche Gehaltssteigerung. Von Juni 2019 an werden monatlich 130 Euro mehr gezahlt. Ab Juni 2020 gibt es noch einmal 2,8 Prozent mehr, mindestens aber 75 Euro. Die Erhöhung enthält eine Wahlmöglichkeit: Teile der zweiten Erhöhung können in bis zu drei zusätzliche Urlaubstage umgewandelt werden.

Die Jahressonderzahlung erhöht sich in zwei Schritten um 300 auf insgesamt 900 Euro. Im RTV gibt es ebenfalls substanzielle Verbesserungen bei Zulagen und Zuschlägen, bei der Rufbereitschaftspauschale und der Ruhezeit. Auch die Bereitschaft des Arbeitgebers, Regelungen zum Home-Office zu vereinbaren, ist nun tarifiert.

„Die Flexibilität, die wir für unsere Arbeit quasi mit der Muttermilch aufgesogen haben sollen, wird nun endlich vergütet. Ein Riesenerfolg!“, kommentiert Henry Claushen, Schwimmmeister und Mitglied der ver.di-Verhandlungskommission, das Ergebnis. Ob aus diesem Verhandlungsergebnis nun ein Tarifabschluss wird, darüber entscheiden derzeit die ver.di-Mitglieder bei Bäderland.