Ausgabe 03/2020
Film
Olivia
Die Geschichte einer 16-Jährigen, die sich in eine Internatslehrerin verliebt, erinnert an Romy Schneider und Lilly Palmer in dem Klassiker Mädchen in Uniform. Allerdings erscheint das wiederentdeckte, frisch restaurierte Juwel aus Frankreich, das bedauerlicherweise nie einen deutschen Verleih fand, noch außergewöhnlicher. Kein anderer Film der fünfziger Jahre thematisiert so offen und unvoreingenommen lesbische Liebe. Und das jenseits eines strengen Regimes von Zucht und Ordnung mit bemerkenswerten Szenen von sublimer Homoerotik. Vielmehr delektieren sich hier vornehm gekleidete Heldinnen in einem herrschaftlichen Anwesen an hoher Literatur, Poesie, Klaviermusik und Kunst. Das Pensionat bietet ihnen einen Schutzraum für ihr Begehren, lieben doch in dieser Schule Frauen ausschließlich Frauen. Aber die Eifersucht trübt das Leben im Paradies. Die kränkelnde Madame Cara erträgt es nicht, dass die Schülerinnen sie vernachlässigen und ausschließlich ihre Kollegin Julie anhimmeln, mit der sie selbst einmal liiert war. Zum Ende wird das Beziehungsgeflecht so spannend wie ein Krimi von Hitchcock. Kirsten Liese
F 1951. Regie: Jacqueline Audry. D: Edwige Feuillère, Simone Simon, Rita Roanda u.a. 88 Min. arte Mediathek: www.arte.tv/de/videos/095589-000-A/olivia-von-jacqueline-audry
Sorry, we missed you
Zu seinem Kinostart im Januar haben wir den jüngsten Film des englischen Regisseurs Ken Loach schon einmal vorgestellt. Es ist ein Film über eine ganz normale Familie in England: Ricky, der Vater, fährt Pakete aus, Abby, die Mutter, ist mobile Pflegekraft, Teenagersohn Seb hat keinen Bock mehr auf Schule und geht stattdessen Graffiti sprayen, Nesthäkchen Liza hingegen versucht, aus allem das Beste zu machen. Tatsächlich ahnt man vom ersten Dialog an, in denen sich Ricky um den Ausliefererjob bewirbt, dass das alles nicht gutgehen kann. Jetzt, in der Krise, zeigt der Film deutlich, dass es vor allem auch auf Menschen wie Ricky und Abby und ihre Berufe ankommt, damit nicht alles zusammenbricht. Loach hat sein Filmleben lang den an den Rand und oft in Armut gedrängten Beschäftigten in der Arbeitswelt eine Stimme gegeben. Im Rätsel dieser Ausgabe verlosen wir 5 DVDs seines Sozialdramas mit Sprengkraft. Petra Welzel
GB/B/F 2019, R: KEN LOACH, D: KRIS HITCHEN, DEBBIE HONEYWOOD, U.A., L: 100 MIN.