Nur der chinesische Volkskongress hat mehr: Mit 709 Abgeordneten ist der Bundestag das zweitgrößte Parlament der Erde. Die Sollgröße beträgt eigentlich 598 Parlamentarier*innen. Um zu vermeiden, dass Parteien aufgrund zahlreicher Direktmandate überproportional stark vertreten sind – sogenannte Überhangmandate – wurden 2013 Ausgleichsmandate eingeführt: Sie sollen für eine Repräsentation der Parteien gemäß ihres Zweitstimmenanteils sorgen. Fallen Direktmandate und Zweitstimmenanteile auseinander, gibt es also mehr Abgeordnete. 2013 waren es insgesamt noch 631.

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Michael Fischer leitet den Bereich Politik und Planung bei ver.diFoto: Kay Herschelmann

Das ist zum einen kostspielig, schließlich fallen damit nicht nur mehr Abgeordnetendiäten an, sondern auch mehr Mitarbeiter*innen und weitere Räumlichkeiten. Der Bundesrechnungshof kommt für 2019 auf eine Größenordnung von fast einer Milliarde Euro Kosten für den Parlamentsbetrieb. Nun sollte man vorsichtig sein, aus der Demokratiefrage eine Kostenfrage zu machen. Allerdings ist es auch nicht so, dass eine Demokratie durch mehr Abgeordnete per se demokratischer wird. Die legitime Frage, ob sich parlamentarische Repräsentativität nicht effizienter gewährleisten lässt, führt zum anderen zur Frage nach der Arbeitsfähigkeit. Wenn die Gremien und Ausschüsse zu groß werden, haben sie nicht nur ein Platzproblem. Das Thema ist daher schon seit Jahren auf der Tagesordnung

Nun hat es Ende August eine Verständigung der Koalition auf eine Wahlrechtsreform gegeben. Die Zahl der Wahlkreise soll von 299 auf 280 verringert werden – ab 2025. Überhangs- und Ausgleichsmandate werden ein wenig begrenzt. Details soll eine Kommission bis 2023 ausarbeiten. Das Problem wurde also wieder einmal vertagt. Und so werden es nach der Wahl 2021 wahrscheinlich über 800 Abgeordnete sein. Es heißt, Parlamentspräsident Schäuble habe vorsorglich schon mal Container bestellt. Eine Farce.