Ausgabe 06/2020
Sauber verhandelt!
"Wir müssen jetzt die Chance nutzen, den Transformationsprozess hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft bis spätestens 2050 unumkehrbar zu machen." Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, CDU, zeigt sich dieser Tage gern von der grünen Seite. Er kündet von einem Pakt fürs Klima, von einem Gesellschaftsvertrag zur Rettung des Planeten. Es geht auch einfacher und läuft auch schon. Zum Beispiel in der Stromversorgung. "Wir warten nicht, was andere entscheiden! Wir tragen gemeinsam mit den Betriebsräten Verantwortung für unsere Kolleg*innen in der Energiewirtschaft", sagt Christoph Schmitz, der im ver.di-Bundesvorstand unter anderem für die Versorger zuständig ist. Und ergänzt: "Wir stehen in der ersten Reihe, weil wir die Energiewende gestalten und die gute Arbeit von morgen sichern. Unsere ver.di-Tarifverträge sind die stabile sozial-ökologische Brücke, mit der wir Absicherung mit Zukunftsperspektiven verbinden."
Nur mit Tarifvertrag
Erst jüngst hat ver.di das wieder bewiesen, mit einer Reihe von Tarifverträgen zum Kohleausstieg. Kohle vom Staat sehen die Energieversorger mit Kohlekraftwerken seit diesem Sommer nur noch, wenn sie Tarifverträge zu einem sozialverträglichen Kohleausstieg abschließen. Nur dann können sie an den nach dem "Kohleausstiegsgesetz" vorgesehenen Auktionen teilnehmen. Im Zuge der Auktionen geben die Kraftwerksbetreiber einen Gebotswert an, zu dem sie bereit sind, auf die Kohle-Verfeuerung in ihrer Anlage zu verzichten. In die Zuschlagsentscheidung fließt zusätzlich der CO₂-Ausstoß der jeweiligen Anlage mit ein. Beides zusammen entscheidet über die Höhe des finanziellen Ausgleichs, den die Betreiber für ihren Ausstieg vom Staat erhalten. Das alles gibt es aber eben nur mit einem entsprechenden Tarifvertrag.
ver.di hat inzwischen mit einer Handvoll Energieversorgungsunternehmen Tarifverträge zur sozialverträglichen Umsetzung und Begleitung des Kohleausstiegs vereinbart. Zuletzt hat Ende August die zuständige ver.di-Tarifkommission von RWE dem sogenannten "TV Kohleausstieg" einstimmig zugestimmt. "Damit ist ein Meilenstein erzielt", sagte Christoph Schmitz nach Abschluss der Verhandlungen. Die Transformation der Energieversorgung müsse nicht nur klima-, sondern auch sozialverträglich gestaltet werden. Wie das funktioniere, zeige der Tarifvertrag für RWE: "Er sorgt dafür, dass Jüngere neue Chancen bekommen und Ältere mit Anstand aus dem aktiven Arbeitsleben ausscheiden können."
Insgesamt fallen rund 10.000 Beschäftigte im RWE-Konzern unter den TV Kohleausstieg. Wichtig sei, "dass es für ein vorzeitiges Ausscheiden unserer älteren Kollegen eine deutliche Aufstockung des staatlichen Anpassungsgeldes geben wird", sagt Stefan Najda, der die Verhandlungen für ver.di führte. Auf der anderen Seite gebe es für die jüngeren Beschäftigten entsprechende Umschulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen, aber auch angemessene Abfindungszahlungen, sollten sie gehen wollen.
Auch bei den Versorgern Uniper, Onyx und swb hat ver.di ähnliche Tarifverträge abgeschlossen. Uniper gehört seit Jahren zu den größten deutschen Stromproduzenten und betreibt bundesweit Kohle-, Gas- und Wasserkraftwerke. Der Konzern hat rund 11.500 Beschäftigte insgesamt, davon rund 4.000 in Deutschland. Bei Uniper sieht der Tarifvertrag einen grundsätzlichen Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen und eine substanzielle Aufstockung des staatlichen Anpassungsgelds durch das Unternehmen vor.
Die vom Bundeswirtschaftsminister angekündigte Transformation hat also schon längst begonnen. ver.di und ihre Mitglieder bei den Versorgungsunternehmen zeigen, wie Strukturwandel geht. "Sicher bis zur Rente, sicher in Arbeit und Qualifikation, sicher in Ausbildung und Übernahme, dass ist ver.di von A bis Z!", sagt Christoph Schmitz.
Der TV Kohleausstieg im Einzelnen
Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen
Aufstockung des Anpassungsgeldes
Vereinbarung von Leistungen zu Qualifizierung und der Vermittlung auf alternative Arbeitsplätze
Keine Kürzung bei der betrieblichen Altersvorsorge
Regelungen zur Berufsausbildung und Übernahme