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In archaischen Zeiten war die schwerste Strafe, die einem Missetäter widerfahren konnte, die Verbannung, der Rausschmiss aus der Gemeinschaft. Von seiner Lebenswelt abgeschnitten, blieb der Schuldige physisch am Leben, doch sozial war er so gut wie tot. Das funktioniert in der modernen, anonymen Welt nicht mehr, der Verbannte würde einfach in eine andere Stadt ziehen und weitermachen. Darum folgte auf die Ausgrenzung die Einsperrung. Bekanntlich sind Gefängnisse eher Brutstätten des Verbrechens als Besserungsanstalten, nur wurde bisher keine bessere Lösung gefunden. Zurzeit zeichnet sich jedoch eine ganz neue Art der Bestrafung ab. Weil das soziale Leben mehr und mehr digital vonstatten geht, reicht es, um jemanden auszuschließen, den Zugang zu seinen digitalen Konten zu sperren. Statt Freiheitsentzug, Öffentlichkeitsentzug. Keine milde Strafe: Dieser Aussperrung würden sicherlich nicht wenige eine Einsperrung vorziehen, vorausgesetzt, sie dürften dabei ihre Konten beibehalten, nach dem Motto: Lieber Knast mit Facebook als Freigang ohne!

Ein Entzug kann heilsam sein, und an sich wäre digitale Verbannung keine schlechte Strafmaßnahme. Der Haken ist, dass sie weder von der Dorfgemeinschaft noch von einem Gericht beschlossen wird, das einem immerhin Unschuldsvermutung und Recht auf Verteidigung gewährt. Hier herrscht nur die Willkür privater Tech-Firmen. Mit potenziell folgenschweren Konsequenzen. Betroffen sind nicht nur aufmerksamkeitsgeile Publizisten und Katzenfotojunkies. Ein Rauswurf aus digitalen Medien könnte für eine Einstellungsabsage oder eine Kündigung entscheidend werden. Oder man stelle sich vor, ein Arbeitnehmer im Homeoffice wäre wegen irgendwelcher AGB-Verletzungen von Zoom ausgesperrt.

Alle haben geklatscht, als Trump der Zugang zu Twitter, YouTube und gar Pornhub entzogen wurde. Zum Schluss bekam der Bösewicht endlich Prügel. Dabei signalisierten die Big Five, dass sie mehr Macht als der mächtigste Staatsmann der Welt haben. Dass es in diesem Fall den Richtigen traf, macht die Sache nicht unbedingt besser. Feudale Tyranneien kommen immer mit dem freundlichen Vorwand, Gutes zu tun und Bedürftige zu schützen. Guillaume Paoli