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Foto: Gerd Ludwig

Die abgeblätterte Wandmalerei im Klassenzimmer einer Schule in Pripyat zeugt noch heute, 35 Jahre nach dem Reaktorunfall im nahegelegenen Tchernobyl, davon, wie überstürzt hier alles stehen und liegen gelassen werden musste. Dabei war die Katastrophe am 28. April 1986 zunächst unsichtbar. An ihren Folgen jedoch leiden die Betroffenen von damals noch heute, jene, die überlebt haben. Der Fotoband von Gerd Ludwig erscheint nicht nur wegen des Jubiläums zur rechten Zeit. Trotz Tchernobyl und dem jüngsten Unglück in Fukushima scheinen der Schrecken und die verheerende Zerstörung, den die Atomkraft im Unglücksfall verbreitet, über die Jahre im Bewusstsein der Menschen zu verblassen. Sogar von einer Renaissance der Kernkraft ist mancherorts die Rede. Der National Geographic-Fotograf Ludwig hat sich im Verlauf von 20 Jahren neun Mal nach Tchernobyl getraut, um die bleierne Halbwertzeit in seinen Fotografien einzufangen. Dabei hat er sich weiter als andere in das Innere des explodierten Reaktors 4 vorgewagt, über den inzwischen ein gigantischer Sarkophag als trügerische Sicherheitsglocke gestülpt wurde. Die Erinnerung an all die stummen Opfer des Unglücks versteht Gerd Ludwig als sein fotografisches Vermächtnis. Der Fotoband erscheint mit einem Essay von Michail Gorbatschow, von 1990 bis 1991 Präsident der Sowjetunion.

Gerd Ludwig, Michail Gorbatschow: Der lange Schatten von Tchernobyl

Edition Lammerhuber. 29 x 31 cm, 252 Seiten, 127 Fotos, Deutsch, Englisch, Franzö̈sisch, Hardcover im Schuber, 75€

edition.lammerhuber.at