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Der Ortsverein Landkreis Böblingen in vollem Schwunge am 1. MaiFoto: ver.di

Schon im Herbst dieses Jahres soll alles fertig sein. Im Gewerbegebiet Häslach im Stadtteil Darmsheim nahe Sindelfingen wird ein weiteres neues Amazon-Verteilzentrum entstehen. Der Versandhandel blüht, auch verstärkt durch die Corona-Krise. Zu Spitzenzeiten sollen am Standort, einem ehemaligen Schotterwerk, 200 neue Jobs entstehen. Dazu sollen noch mehrere hundert Stellen für den Lieferservice kommen. Geplant nach dem Geschäftsmodell "Flex-Partnerinnen und -Partner". Diese Partner können dann entweder als selbstständige Unternehmer*innen oder als sogenannte unabhängige Auftragnehmende die Amazon-Pakete in der ganzen Region ausliefern, auf eigenes Risiko. Die moderne Form der Tagelöhner-Ausbeutung. Der Sindelfinger Oberbürgermeister Bernhard Vöhringer, CDU, begrüßt die Ansiedlung von Amazon als einen "global player", weil so die einseitige Abhängigkeit in der Region von Automobil- und Zulieferindustrie verringert werden könne. Er spricht von einem Leuchtturm für die Region.

Kein Schutz für die Innenstädte

Ob sich diese Vision erfüllen wird, ist fraglich. So vermeidet es Amazon weltweit, Steuern zu zahlen. Die Kommunen zahlen für die Infrastruktur der Ansiedlung, und gleichzeitig sterben die Innenstädte aus, da der regionale Einzelhandel der übermächtigen Konkurrenz von Amazon nicht gewachsen ist und pleite geht.

Auf diese Zusammenhänge hat Sidar Carman, ver.di-Gewerkschaftssekretärin für den Bereich Handel, bei der diesjährigen 1. Mai-Kundgebung in Sindelfingen aufmerksam gemacht. Ihr ging es auch um die Situation der Beschäftigten: "Wir brauchen keinen global player, der seine Dumpinglöhne von den Kommunen subventionieren lässt. Die Löhne sind so niedrig, dass viele Beschäftigte zusätzlich aufstocken müssen." Sie bräuchten keinen "Leuchtturm", der ausufernd mit befristeten Arbeitsverträgen agiere und der ihre Angst darüber, was morgen passiert, billigend in Kauf nehme. Ihre Rede, in der sie die aktuellen Forderungen an Amazon formulierte, wurde mit einer Aktion von Mitgliedern des verdi-Ortsvereins Landkreis Böblingen begleitet. ver.di fordert Respekt und Tariflöhne, Überwachung am Arbeitsplatz wird abgelehnt, und die Gesundheit der Beschäftigten muss vor Profit stehen.

Nicht alles ist sozial

Am Ende ihrer Rede stellte Sidar Carman fest: "Wir erteilen dem neoliberalen Credo "Alles, was Arbeit schafft, ist sozial" eine klare Absage: Arbeit um jeden Preis? Nicht mit uns! Wir kämpfen für gute Arbeit und dauerhafte, existenzsichernde Löhne." Auch die zukünftigen Beschäftigten bei Amazon im Landkreis Böblingen können mit der Unterstützung des ver.di-Ortsvereins rechnen.