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Im Krisengebiet werden immer noch helfende Hände gebraucht – wie hier in Bad MünstereifelFoto: Gordon Welters/laif

Gewerkschaften helfen – erst recht in Krisenzeiten. Mitte Juli kam es nach tagelangen Regenfällen insbesondere in Rheinland-Pfalz und in Nordrhein-Westfalen zu heftigen Überschwemmungen. Es gab Tote und Verletzte, viele Menschen haben in einer Nacht ihre gesamte Existenz verloren, darunter auch ver.di-Mitglieder. Und auch andere Gebiete Deutschlands meldeten in diesem Sommer "Land unter".

Nach den erschreckenden Bildern hat der ver.di-Bundesvorstand Mitte Juli eine Soforthilfe für von der Flut betroffene Mitglieder beschlossen. Je nach Schadenshöhe können sie bis zu 1.500 Euro erhalten; Betroffene können sich noch bis Ende Oktober an die jeweils für sie zuständigen ver.di-Bezirke wenden. "Den Opfern der Flutkatastrophe, den Familien, die Angehörige verloren haben, und denjenigen, deren Hab und Gut vom Wasser zerstört wurde, gilt unsere Solidarität und Anteilnahme", sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke.

Einer der ersten, der die Soforthilfe in Anspruch genommen hat, ist ein Kollege aus Wuppertal, der anonym bleiben möchte. Er lebt in dem stark vom Hochwasser betroffenen Stadtteil Beyenburg und muss sich jetzt nach der Flut sein Zuhause wieder neu aufbauen. "Wir als ver.di lassen unsere Mitglieder nicht im Regen stehen. Nicht nur in der Tarifarbeit ist ver.di für ihre Mitglieder da", sagte die Wuppertaler ver.di-Sekretärin Anja Schlosser bei der Überreichung von 2.000 Euro Soforthilfe an den Kollegen Ende Juli. 1.500 Euro kamen von ver.di, weitere 500 Euro Soforthilfe vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB).

Die DGB-Gewerkschaften haben ebenfalls Mitte Juli über den Verein Gewerkschaften helfen eine Spendenaktion gestartet und ein Spendenkonto eingerichtet. Bis Anfang August sind bereits über 900.000 Euro auf dem Konto eingegangen, es wird aber noch weiter gesammelt (siehe Kasten).

Mit diesen Spendengeldern soll erst einmal die erste unmittelbare Not von Betroffenen gelindert werden. Dazu stimmen sich die Geschäftsführer*innen in den Regionen eng mit den dortigen Geschäftsstellen und Bezirken über die finanzielle Soforthilfe ab. Bis Anfang August sind beim DGB bereits 870 Anträge eingegangen, 430 davon waren schon bearbeitet. Neben den genannten Regionen kamen auch Anträge aus Oberbayern.

Unbürokratische Hilfe und guter Rat

Nach Auszahlung der Soforthilfe wird dann, mit Blick auf die Spendensumme, zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal geschaut, ob Härtefälle zusätzlich mit Geldbeträgen unterstützt werden können. Aber die vom Hochwasser Betroffenen brauchen nicht nur finanzielle Hilfe, oft brauchen sie auch guten Rat, sei es im Umgang mit Versicherungen oder mit Behörden. Dazu hat der DGB seinen Rechtsschutz vor Ort mobilisiert, um unbürokratisch Hilfe zu leisten.

Zudem haben vor Ort viele ver.di-Mitglieder mit angepackt, sei es aus beruflichem oder ehrenamtlichem Engagement oder spontan, weil ihre Hilfe gebraucht wurde. "Ich hätte nicht gedacht, dass Leute so hilfsbereit sind", sagte Michael Klein nach dem ersten Wochenende. Der Personalratsvorsitzende der Stadt Sinzig arbeitet als Hausmeister in einer Grundschule, die von dem Hochwasser nicht so stark betroffen war. Das Haus seiner Tochter hingegen wurde vom Wasser geflutet und ist stark beschädigt. Die vierköpfige Familie fand vorerst bei ihm Unterschlupf. Er hofft, dass die Region bald wieder zur Ruhe kommen kann.

Auch Werner Böhler ist begeistert von der großen Hilfsbereitschaft. Allein im Solinger Stadtteil Burg hatten sich am ersten Wochenende rund 300 Freiwillige gemeldet, die mit anpacken wollten: "Jeder hat halt gesehen, was zu tun ist." Er selbst arbeitet bei den Technischen Betrieben, hat gemeinsam mit seinen Kollegen und seinem 26-Tonner mit Recyclingkran Überreste der Schäden abtransportiert. "Reifen, Sperrmüll, Waschmaschinen", hätten die Helfer*innen immer wieder dort aufgestapelt. Aber auch entwurzelte Bäume, die im Weg lagen, hat er weggeräumt. Dabei ging sein Einsatz weit über seine Arbeitszeit hinaus, freiwillig, wie er betont.

Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm die Begegnung mit einer älteren Frau. Sie stand vor den zusammengeräumten Resten ihrer Existenz und sagte mit Blick darauf: "Da liegt mein Leben." In letzter Sekunde hatte sie sich schwimmend aus ihrem Haus retten können. Keine Papiere hat sie mitnehmen können, keine Bilder, immerhin war ihr ihr Leben geblieben. "Wie kann man diese Menschen trösten?", fragt Böhler. Er hat die ihm unbekannte Frau erst mal in den Arm genommen.

Und so werden die betroffenen Regionen noch lange Solidarität und Unterstützung brauchen, bevor sie wieder etwas zur Ruhe kommen können.

Alles, was Arbeitnehmer*innen rechtlich zum Thema Hochwasser wissen sollten, hat der Deutsche Gewerkschaftsbund zusammengestellt unter dgb.de/-/bqa

Spendenkonto

Gewerkschaften helfen!

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Verwendungszweck Fluthilfe 2021