Duran Duran: Future Past

Für Menschen, die in ihrer Jugendzeit zu Hungry Like A Wolf oder The Wild Boys durch die Discos gehottet sind, mag es ein Schock sein: Ja, Duran Duran gibt es immer noch. Noch schockierender ist, dass sich die Songs ihres neuen, 15. Albums Future Past dermaßen passgenau in die Jetztzeit einfügen, dass einem die eigenen Kinder die Ü-60-Band stolz als Entdeckung präsentieren.

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Die Bässe hüpfen wie ein Beachball übers Konzertpublikum, die Synthesizer jubilieren und Sänger Simon Le Bon scheut immer noch nicht vor weit ausladenden Refrainmelodien zurück. Dass dieser makellos glitzernde Pathos-Pop von einem vergleichsweise jungen Erfolgsproduzenten wie Erol Alkan designt wurde, mag dazu beitragen, dass die 1978 in der Arbeiterstadt Birmingham gegründete Band so modern klingt. Aber der wichtigere Grund ist wohl, dass Duran Duran damals in den 80ern, als sie sogar den James-Bond-Titelsong einspielen durften, ihrer Zeit ein gutes Stück voraus waren, ohne es selbst zu merken. Dass die vermeintlich modernen Zeiten, in denen wir heute leben, eigentlich ein Festival der Nostalgie sind, wirkt zusätzlich wie eine Botoxspritze für die Altherren-Combo. Thomas Winkler

BMG Rights Management/Warner

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Makaya McCraven: Deciphering The Message

Jazz, das ist schon lange nicht mehr das sich im Elfenbeinturm abschottende Wiederkäuen von alten Standards. Junge Musikerinnen und Musiker überschreiten Genregrenzen, suchen den Austausch mit Pop und vor allem HipHop, allen voran Makaya McCraven. Der aktuelle Aufbruch ist schon in der Arbeitsweise des 38-jährigen Schlagzeugers aus Chicago gelegt: Einerseits beherrscht er sein Instrument virtuos, trommelt unter anderem für Kamasi Washington, den Star des neuen, vorurteilsfreien Jazz, anderseits nutzt er als Produzent ausgiebig die digitalen Möglichkeiten. Für Deciphering The Message hat sich McCraven im Archiv des legendären Labels Blue Note bedienen dürfen. Aus gesampelten Versatzstücken alter Tracks und Soli von Art Blakey, Wayne Shorter, Roy Ayers, Herbie Hancock und anderen Größen der Vergangenheit errichtet er im Computer ein Gerüst. Mit dessen Hilfe und vor allem einer großen improvisatorischen Kraft errichten er und seine Band darauf ein wunderschönes neues Klanggebäude. Das klingt mal chaotisch, mal episch, immer hochmelodiös, traditionsbewusst und aufrührerisch, und wie nebenbei werden der Be-, Hard- und alle anderen Bops in den Jungbrunnen getaucht.

Thomas Winkler

CD, Blue Note/Universal

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Susana Baca: Palabras Urgentes

Als Mitte der neunziger Jahre ein Song von ihr auf The Soul of Black Peru, einem Sampler von Popstar David Byrne, erscheint, wird Sängerin Susana Baca mit einem Schlag bekannt. Es folgen Konzertreisen in alle Welt und vielbeachtete CDs. Niemand verkörpert die afroperuanische Minderheit besser als Baca – als Erforscherin ihrer Kultur, als leidenschaftliche Interpretin traditioneller und zeitgenössischer Songs und eine Weile gar als Kulturministerin ihres Heimatlandes. Die Afroperuaner sind die Nachfahren afrikanischer Sklaven. Ihre Kultur hat sich in Peru mit Elementen der europäischen und der indigenen Kulturen gemischt und so die afroperuanische geformt. Im fünfzigsten Jahr ihrer Karriere bezieht die einstige Lehrerin Baca mit Palabras Urgentes ("Dringende Wahrheiten") einmal mehr Stellung zu aktuellen Themen wie Feminismus, Freiheit und Bildung. Sie tut das mit eigenen Stücken und berühmten Liedern aus anderen Teilen Lateinamerikas – nicht als Folklore, sondern im von beeindruckender Afro-Percussion geprägten, zeitgemäßen Akustik-Sound.

Peter Rixen

CD/LP/DL » Realworld/UMG