Resultat der Politik

Aachener Nachrichten, 29. Nov. 2021

Wieder einmal bleibt festzuhalten: Der Lohnzuwachs für viele als Corona-Helden des Alltags besungene Beschäftigte fällt deutlich geringer aus als der ihnen zu Beginn der Pandemie gezollte Applaus. [...] Nein, es liegt nicht an einer mangelnden Kampfbereitschaft der Gewerkschaften. Gleichfalls wäre es unfair, den öffentlichen Arbeitgebern einen bösen Willen zu unterstellen. Auch sie befinden sich in einer Zwangslage. Ihre Kassen sind leer, die Forderungen, mit denen die Arbeitnehmervertreter in die Verhandlungen gestartet waren, hätten die Länder mit rund 7,5 Milliarden Euro zusätzlich belastet. Manche Haushalte geben das nur schwer her. [...] Es ist das Resultat einer Politik, die jahrelang den schlanken Staat gepredigt und den öffentlichen Dienst häufig schief angeschaut hat.

Konzept ist längst entwickelt

Der Spiegel, 20. November 2021

Ausgerechnet eine Nation, die es für normal hält, die Geländerhöhe an Privatbalkonen per Verordnung festzuschreiben, kannte lange keine Vorschriften, wie viele Pflegekräfte es braucht, um einen Schwerstkranken gut zu betreuen. Spahn änderte das. [...] Doch die Reform krankt. Und hat mit der Realität auf den Stationen wenig gemein. Da sie die Standards ausgerechnet jener Krankenhäuser zugrunde legt, die am wenigsten Personal einsetzen, schreibt sie nur das gerade noch erträgliche Minimum fest – und nicht etwa einen soliden Qualitätsstandard. Ein innovativeres Konzept, das für mehr Qualität sorgen könnte, haben der Deutsche Pflegerat, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und [...] Ver.di längst entwickelt.

Zweifelhaftes Angebot

Die Zeit, 4. November 2021

Bei Diensträdern kann man viel übersehen. Beispielsweise ist ein geleastes Rad schlecht für die spätere Rente. Das hat damit zu tun, dass die Leasingraten vom Bruttolohn abgezogen werden. Wenn der sinkt, erwerben Angestellte auch geringere Rentenansprüche. Über den gesamten Ruhestand [...] könne das ein Minus von mehreren Hundert Euro ausma- chen, hat [...] ver.di überschlagen.

Klassenwiderspruch im Detail

neues deutschland, 20. November 2021

Wenn nun DGB-Chef Hoffmann und Arbeitgeberpräsident Dulger vorher verlautbarten, dass sie sich als Sozialpartner "unserer Verantwortung gegenüber unseren Betrieben und Beschäftigten bewusst" seien, dann ist die Botschaft eindeutig: Die Pandemiebekämpfung ist eine so dringende Sache, dass man sie gemeinsam anpacken muss. Da darf nicht gegeneinander, sondern da muss miteinander gekämpft werden. Doch ganz so einfach ist es nicht. Bei der Pandemiebekämpfung steckt der Klassenwiderspruch im Detail. Es geht um die Frage, auf wessen Kosten sie organisiert wird: [...] Und da fordern Arbeitgeber und Gewerkschaften im Einzelnen durchaus sich widersprechende Sachen.

Das Klimaproblem

die tageszeitung, 6. Dezember 2021

Gewerkschaften und Linke haben das Klimaproblem lange unterschätzt. [...] Neben inhaltlicher Differenzen beruhen die Spaltungen zwischen den Milieus auf der Art der Vermittlung, des öffentlichen Auftritts. Der Absolutheitsanspruch von Thunbergs "I want you to panic" erinnert an die Allmachtsfantasien ideologisch eingemauerter linker Kader von einst. Den Gewerkschaften könnte hier die Rolle eines mäßigenden Korrektivs zukommen: Sie sollten immer wieder auf die sozialen und verteilungspolitischen Folgen von rein ökologisch orientierten Lösungskonzepten hinweisen.