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Foto: LOHFINK/PLAINPICTURE

Jeder Krieg, jede Krise bietet Chancen für schlaue Opportunisten. Corona-Sieger könnte in diesem Hinblick das Startup culture4life werden, Entwickler der allgegenwärtigen Luca-App. Jeder kennt jenen QR-Code, den man in Läden, Kneipen und Restaurants vorweist, anstatt einen Zettel bekritzeln zu müssen. "Nur edle Zwecke" hätten den Rapper Smudo und seine Freunde dazu bewegt, sich an der Kontaktverfolgungssoftware zu beteiligen. Doch eingetragen beim Patentamt hatten sie vorsichtshalber kommerzielle Zwecke wie die Reservierung, den Vorverkauf und das Ausstellen von Tickets für Veranstaltungen. Sei's drum. Von der Pandemie überforderte Gesundheitsämter und unter Tatendrang leidende Länderpolitiker hechteten sich auf die Luca-App wie auf einen Rettungsring. Ohne Ausschreibung, obwohl es viele Mitbewerber gab. Ohne auf die Warnungen von IT-Experten zu hören, die Software habe erhebliche Datenschutz- und Sicherheitslücken. Mit Verträgen, die dem Startup ein Recht auf Kommerzia- lisierung einräumten. Auf das digitale Neugeborene regneten märchenhafte 21 Steuermillionen. Da die Nutzung den Bürgern durch staatliche Verordnungen quasi auferlegt wurde, installierten 40 Millionen Menschen die Luca-App. Somit verschaffte sich das Privatunternehmen, ohne einen Cent für Werbung ausgeben zu müssen, eine ähnlich breite Nutzerbasis wie WhatsApp oder Instagram in Deutschland. Die Kontaktverfolgung selbst hat nie richtig funktioniert, seit der Omikron-Welle haben sie die Gesundheitsämter ohnehin mehr oder weniger aufgegeben. Damit wäre das hygienefördernde Projekt vorbei, bis April laufen die Lizenzen aus. Dennoch ist CEO Patrick Hennig zuversichtlich: Es gibt ein Leben nach Corona. Jetzt erwähnt er offen, mit der Luca-App Facebook und Google zu überlisten, um sich "an die Spitze der digitalen Bewegung" zu setzen. Gedacht wird zudem an ein eigenes Bezahlsystem, das in der Gastronomie und der Veranstaltungsbranche Visa oder Mastercard ersetzen würde. Ist also Luca die Hexe, die aus Virusbekämpfung und amtlicher Inkompetenz Gold zaubern kann? Noch ist der Schluss der Geschichte offen. Denn ihre unfreiwilligen Geburtshelfer können ihre freiwilligen Totengräber sein. Dafür reicht es, wenn jeder auf seinem Smartphone die App deinstalliert, die es niemals hätte geben dürfen. Guillaume Paoli