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Protest vor der H&M-FilialeFoto: ver.di

NÜRNBERG – "Du frönst anderen Leidenschaften", sagte eine H&M-Filialleiterin in der Karolinenstraße in Nürnberg 2021 gegenüber einem Betriebsratsmitglied, als sie ihm Sonderaufgaben entzog, die mit einer Lohn-Zulage verbunden waren. Für die Behinderung der Betriebsratsarbeit wurde die Filialleiterin jetzt bestraft. So wie eine weitere Filialleiterin, die ebenfalls den Betriebsrat behinderte.

Gleich drei im Betriebsrat engagierten Angestellten waren im letzten Jahr Sonderaufgaben entzogen worden, bei zweien wurden damit Zulagen gestrichen. Mit der Maßnahme versuchten die Filialleiterinnen den Betriebsrat in seiner Arbeit zu behindern. Der erstattete mit Unterstützung von ver.di Strafanzeige, denn das Behindern von Betriebsratsarbeit ist eine Straftat.

Das Beweisstück

Die beiden Filialleiterinnen erhielten einen Strafbefehl über 30 Tagessätze, gegen den sie Einspruch einlegten. Die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Nürnberg fand am 20. Juli statt, wurde aber gleich zu Beginn unterbrochen. Nach Beratung aller Prozessbeteiligten, entschied sich eine Filialleiterin, ihren Einspruch zurückzuziehen. Die zweite beschränkte ihren Einspruch auf die Höhe der Strafe, weil sie inzwischen in Elternzeit ist und weniger verdient. Ihre Geldstrafe wurde vom Gericht gemildert.

Was im Nachhinein einfach aussieht, erfordert umsichtiges Vorgehen. So hatte die mit dem Entzug ihrer Sonderaufgaben bestrafte Betriebsrätin, die laut Filialleiterin anderen Leidenschaften nachginge, eine Zeugin, als die Worte fielen. Die Betriebsratsvorsitzende Susanne Jensen war mit dabei. "Ich empfehle allen, grundsätzlich zu zweit in solche Konfliktgespräche zu gehen", sagt sie. Als Beweis genügte dann, dass beide Betriebsrätinnen anschließend ein Gedächtnisprotokoll geschrieben und unterzeichnet haben. "Bei der Polizei mussten wir zusätzlich eidesstattlich erklären, dass das Gespräch so verlaufen war. Das Protokoll war das tragende Beweisstück für den Strafantrag", sagt Jensen.

Die für den Handel zuständige Gewerkschaftssekretärin im ver.di-Bezirk Mittelfranken, Jaana Hampel, bezeichnete den Ausgang des Strafprozesses als "vollen Erfolg". "Die Kolleg*innen haben sich gewehrt gegen die Schikane, die ihnen zu Teil wurde, und haben nun vor Gericht gewonnen", sagt sie.

Hintergrund für die Konflikte mit dem Betriebsrat sind 2021 deutschlandweit geplante Personalkürzungen. Vor allem Mütter, Väter, ältere Beschäftigte und Beschäftigte mit Behinderung sollten gehen, aber niemand aus der Führung oder Verwaltung. Ein Fall von Diskriminierung, der Betriebsrat forderte einen Sozialplan. Viele Mitarbeiter*innen gehen dennoch. Weil sie den Druck nicht mehr aushalten. "Beschäftigte brechen weinend zusammen, weil ihre Nerven blank liegen. Wir sind 40 Prozent weniger im Verkauf, haben aber dieselben Umsätze wie vor der Pandemie", berichtet Jensen.

Während das Personal in der Karolinenstraße immer weniger wird, soll nur 150 Meter weiter im Herbst 2023 ein neuer Store eröffnet werden. Die Betriebsräte wollen weiterkämpfen. "Arbeitgeber müssen verstehen, dass sie nicht alles mit uns machen können", betont Jensen. "Der Strafprozess hat uns den Rücken gestärkt." Marion Lühring